Autor: Dominik
Varianten-Vergleich der kompakten, wie auch robusten, Nikkor 200mm f4 Festbrennweite von 1975 bis 1996: K vs. Ai vs. Ai-S – mit erstaunlichem Ergebnis an einer hochauflösenden digitalen Vollformat-Kamera.
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1. Produkt
Profi-Tele-Zoom-Objektive der 80er Jahre
2. Unternehmen
- Nikon Corporation AG (seit 1917), Shinagawa Intercity Tower C, 2-15-3, Konan, Minato-ku, Tokyo 108-6290, Japan
- Made in Japan
3. Kauf
- K Nikkor 200mm f4: 04/2023
- Ai-S Nikkor 200mm f4: 04/2023
Im Rahmen meines 200mm-Vergleichs bzw. auf der Suche nach einer kompakteren Ersatz für mein 70-200mm 2.8 habe ich mir diese beiden 200mm Festbrennweiten zugelegt. Zuerst gekauft hatte ich eigentlich ein Ai (1977-81), welches sich dann bei Erhalt jedoch als baugleiches K (1975-77) heraus stellte. Nachdem ich mich dann dadurch etwas näher mit den Varianten beschäftigt hatte, fiel mein Interesse auch auf das Ai-S (1981-96), welches ich mir dann ebenfalls zugelegt habe.
4. Spezifikationen
Merkmal | K | Ai | Ai-S |
---|---|---|---|
Seriennummer | 670001 – 705139 (688225) | 710001 – 858563 | 900001 – 980974 (970031) |
Produktionsvolumen | 35.138 | 148.562 | 80.973 |
Produktionsjahr | 1975 – 1977 | 1977 – 1981 | 1981 – 1996 |
Vorgänger | C (1973 – 1976) erstes 200mm ab 1963 | <– K | <– Ai |
Nachfolger | Ai –> | Ai-S –> | ohne |
Lichtstärke | f4 – 32 | f4 – 32 | f4 – 32 |
Brennweite | 200 mm | 200 mm | 200 mm |
optischer Aufbau | 5 Linsen in 5 Gruppen | 5 Linsen in 5 Gruppen | 5 Linsen in 5 Gruppen |
Vergütung | ? | ? | ? |
Blendenlamellen | 9 | 9 | 9 |
Blendenring | mit Widerstand und spürbaren Rastungen | <– identisch | leichtgängiger mich weicheren Rastungen (typisch für Ai-S) |
Bildwinkel | 12°20 | 12°20 | 12°20 |
Naheinstellgrenze | 196 cm (gemessen) | <– identisch?!? | 196 cm (gemessen) |
Abbildungsmaßstab | 1 : 7,4 | 1 : 7,4 | 1 : 7,4 |
Hyperfokale Entfernung | f11 + f22 + f32 gut weil auf ganzer Länge am Tubus ablesbar | <– identisch?!? | f32 + f16 nur klein auf silbernem Ring ablesbar |
Infrarot-Markierung | kleiner roter Punkt auf schwarzem Gehäuse | <– identisch?!? | kleiner roter Punkt auf silbernem Ring |
Fokus-Drehung | 205°, sehr weich | <– identisch?!? | 205°, straffer aber noch weich |
Breite Fokus-Ring | 29,5 mm | <– identisch?!? | 29,5 mm |
maximale Fokusweg | 28 mm | <– identisch?!? | 28 mm |
Frontlinse dreht beim Fokussieren mit | nein | nein | nein |
Fokusring fährt beim Drehen nach vorn | deutlich, um 12 mm | <– identisch?!? | nur minimal um 3mm |
kürzeste Gesamtlänge (Fokus unendlich) | 132 mm | <– identisch?!? | 131 mm |
maximale Gesamtlänge (Fokus 2m + Geli) | 190 mm | <– identisch?!? | 195 mm |
größter Durchmesser (Fokus-Ring) | 68 mm | <– identisch?!? | 65 mm |
Durchmesser Gegenlichtblende (innen/außen) | 58 / 60 mm | <– identisch?!? | 58,5 / 61,5 mm |
Außendurchmesser schmalster Tubus vorn (verdeckter Sitz der Geli) | 56,15 mm | <– identisch?!? | 55,9 mm |
Gegenlichtblende | integriert (Metall), fester Sitz (offenporiger Samt) | integriert (Metall) | integriert (Metall), lockerer Sitz (glatter Samt) |
Filterdurchmesser | 52 mm | 52 mm | 52 mm |
Gewicht nackt | 530 g | <– identisch?!? | 520 g |
Gewicht mit Deckeln und Filter | 562 g | <– identisch?!? | 552 g |
Bildqualität | gut | <– identisch?!? | besser |
Verzerrung | keine sichtbar | <– identisch?!? | keine sichtbar |
Vignettierung (Randabschattung) | etwas bei Offenblende | <– identisch?!? | etwas bei Offenblende |
Chromatische Aberration | keine sichtbar | <– identisch?!? | keine sichtbar |
optimaler Schärfebereich | f11 bis f22 | <– identisch?!? | f8 |
Beugungsunschärfe | f32 nur minimal | <– identisch?!? | f32 sichtbar |
Aufbau / Haptik | komplett Metall, robust | <– identisch?!? | komplett Metall, robust |
Verkaufspreis | ? | 500,- DM | 500,- DM |
Marktwert 2023 je nach Zustand und Umfang | 80 – 150,- € | 80 – 150,- € | 100 – 180,- € |
5. Vergleich
Mir ist keine Webseite bekannt, wo jemals dieser Vergleich gemacht wurden wäre, insofern dürfte dies eine Weltpremiere sein;-)
Der offensichtliche Unterschied zwischen Ai (K) und Ai-S ist der unterschiedliche Fokus-Ring. Beim älteren dicker und mit sehr weichem Lauf, beim neueren dünner und (wirklich nur) minimal straffer. Beim Betätigen fällt dann jedoch auch auf, dass sich der ältere um ganze 12mm noch vorn bewegt, und der neuere um nur 3mm. In der Praxis ist dies durchaus spürbar, muss man beim Ai doch mit der Hand nach vorn gehen, während beim Ai-S etwas komfortabler ohne spürbare Längenverschiebung fokussiert werden kann. Ein vermutlich nur winziger Unterschied ist die minimal gröbere Profilierung des Fokusringes beim Ai-S, was zumindest theoretisch besser ist; in der Praxis fällt der Unterschied nur auf, wenn man es weiß.
Bezüglich der weiteren Mechanik sowie der Optiken sollen beide Objektive identisch sein. Aufgrund des Alters, die beiden trennen immerhin 20 Jahre, hat das K bereits etwas mehr Staubeinschlüsse, wobei dies für ein 47 Jahre altes Objektiv nicht unbedingt viel ist.
Ein weiterer interessanter Unterschied ist die Konstruktion der Blendenlamellen, der nur bei F5.6 und f8.0 auffällt.
Und witzigerweise ist die Blende22 auch unterschiedlich groß im Durchmesser bzw. beim älteren kleiner. Ebenso f32, wobei hier der Unterschied nur minimal ist. Und an diesem Punkt ergibt die Logik, dass die Objektive keine identische Leistung bieten können, mindestens nicht an den unterschiedlich gestalteten Blendenlamellen.
K 200mm f4 (& Ai)
Beim K (und vermutlich dann auch Ai) sitzt die eingebaute Gegenlichtblende spielfrei am Tubus.
Ai-S Nikkor 200mm f4
Beim Ai-S hat die Gegenlichtblende leider etwas Spiel, so dass sie nur locker auf dem Tubus sitzt. Ursache könnte hier ein anderer Dämmfilz sein, der beim neuen deutlich glatter, und beim Ai/K etwas rauer ist.
Eigentlich für das Nikkor 105mm f2.5 gedacht, funktioniert als feste Gegenlichtblende die HN-8 auch sehr gut.
6. Unschärfe / Bokeh
7. Schärfe
Naheinstellgrenze 200cm
Mit dem Ai-S 200mm f4 auf Naheinstellgrenze 195cm, und dann daraus jeweils Ausschnitte 600 x 400 Pixel aus der Bildmitte sowie der unteren linken Ecke.
Die Bildmitte ist bereits ab Blende 5.6 halbwegs scharf, das Schärfe-Optimum reicht von Blende 11 bis 22. Blende 32 liegt in der Mitte von Blende 4 und 5.6.
Ähnliches gilt für die Bildecken, hier beginnt die Schärfe lediglich mit einer Blende Versatz ab f8.
Gleicher Test zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal, diesmal jedoch mit 100% Bildausschnitten.
Entfernung 8m
Formatfüllend aus gut 8m Entfernung, wieder mit 100% Bildausschnitten aus der Mitte, als auch unteren linken Bildecke.
Entfernung 150m
Auf knapp 150m Entfernung, mit Spiegelvorauslösung, und fokussiert mit digitaler Bildschirmlupe. 100% Ausschnitte aus der Bildmitte, sowie unteren linken Bildecke.
Schärfe-Vergleiche
K 200mm vs. Ai-S 200mm
Mein typisches Tele-Motiv, unsere Kirchturmuhr im Dorf in ca. 200m Entfernung. Aus den Originalbildern im Maß 5520 x 3680 Pixel folgen dann in allen Blendenstufen jeweils Ausschnitte im Maß 660 x 440 Pixel.
Die erste Bilderreihe mit dem K 200mm f4. Offenblende f4 noch leicht unscharf, ab f5.6 besser, f8 gleichbleibend, f11 besser, f22 am besten, f32 wieder minimal unscharf (ähnlich f5.6).
Die zweite Bilderreihe mit dem Ai-S 200mm f4. Ebenfalls Offenblende f4 noch minimal unscharf, jedoch nicht so sehr, wie beim K. Ab Blende 5.6 deutlich besser, f8 am besten, f11 und f22 wieder wie f5.6, f32 nicht ganz so unscharf wie f4.
Dieser Vergleich ist sehr erstaunlich! Ob es an den unterschiedlichen Blendenlamellen, an dem etwas mehr Staub (vermutlich nicht), an einer Serienstreuung, oder vielleicht doch anderen Gläsern liegt…man weiß es nicht. Fakt jedoch ist, das Ai-S ist grundsätzlich schärfer und minimal kontrastreicher als das K, und dies in jeder Blendenstufe! Interessant ist, dass sich das K bis f22 langsam mit der Schärfe gesteigert hat, und selbst f32 noch nutzbar ist, während das Ai-S schon bei Blende 8 am schärfsten war, und danach wieder minimal abfiel. Nur weil das K erst am Ende am schärfsten wurde, waren hier f22 und f32 nahezu identisch scharf zum Ai-S.
Blende | K 200mm f4 | Ai-S 200mm f4 | bessere Schärfe |
---|---|---|---|
4 | unscharf | unscharf | Ai-S |
5.6 | etwas schärfer | deutlich schärfer | Ai-S |
8 | gleichbleibend | minimal besser, beste | Ai-S |
11 | minimal besser | etwas schlechter | Ai-S |
16 | gleichbleibend | gleichbleibend | Ai-S |
22 | minimal besser, beste | gleichbleibend | Ai-S |
32 | etwas schlechter (wie f5.6) | etwas schlechter (wie zwischen f4 und f5.6) | K |
Schärfe-Steigerung | langsam | schnell | – |
Schärfe-Optimum | f11 – f22 (f22) | f8 | – |
Einen Tag nach Vollmond habe ich den gerade einmal wolkenfreien Nachthimmel genutzt, und unseren Trabant in 372.816 Kilometern abgelichtet. Auf Stativ mit der Nikon D810, Spiegelvorauslösung, Kabelfernauslöser, bei Blende 11, 1/30s, ISO100. Vom Originalbild 5520 x 3680 auf jeweils 600 x 400 Pixel zugeschnitten. Einen Unterschied kann weder zwischen den beiden erkennen, noch zum Vergleich dazu mein als Referenz AF-S Nikkor 70-200mm f2.8 G ED VR II bei Blende 8.
Ai-S 200mm f4 vs. Ai-S 105mm f2.5
Das Ai-S Nikkor 200mm f2 verglichen mit dem Ai-S Nikkor 105mm f2.5. Folgende zwei Aufnahmen auf Stativ mit Kabelfernauslöser bei Blende 8, 1/200s, ISO100. Aus dem Originalformat 7360 x 4912 Pixel dann jeweils ein vergleichbarer Ausschnitt gleichen Maßstabs. Erkenntnis: Bedenkt man, dass der Ausschnitt des 200mm deutlich weniger vergrößert wurde (2.500 x 1.656 vs. 1.350 x 900 Pixel), dürfte das 105mm sogar noch etwas schärfer sein. Bei diesem gleich großen Blickwinkel, sowie auch noch mehr beim Originalbild, erkennt man jedoch zumindest, dass das 105mm farbintensiver und kontrastreicher abbildet, das 200mm dagegen fast schon flau wirkt.
AF-S Nikkor 70-200mm f2.8 G ED VRII
Freihand verglichen mit dem AF-S Nikkor 70-200mm f2.8 G ED VRII, meiner Schärfe-Referenz. Mal abgesehen dass dieses am langen Ende keine echten 200mm bietet, erstaunt das Ergebnis um so mehr: die alte Festbrennweite ist tatsächlich minimal schärfer als das moderne Tele-Zoom!
Schnappschüsse
Alle Bilder Freihand, die ersten 12 Aufnahmen mit dem K, alle weiteren mit dem Ai-S.
8. Fazit
Nicht nur vom äußeren Aufbau, sondern auch bei den inneren Werten, und letztendlich dann auch bei den Bildern unterscheiden sich die Modelle K und Ai-S; das Ai wird vermutlich wie das K sein. Das Ai-S ist (bis auf Blende 32) grundsätzlich schärfer, wobei es das schmalere Schärfe-Optimum besitzt, und am schärfsten bei Blende 8 ist. Das K besitzt einen deutlich größeren Schärfebreich, und wird mit zunehmender Blende schärfer. In der Praxis bedeutet dies, dass das Ai-S vor allem bei schlechterem Licht die besseren Resultate liefert. Wobei man hier jedoch sagen muss, dass dies Jammern auf hohem Niveau ist, denn das K kann man gewiss nicht als unscharf bezeichnen. Für mich ausschlaggebend war anfangs kein eventueller Unterschied in der Bildqualität, sondern die etwas bessere Haptik (Fokus-Ring) beim Ai-S. Die höhere Schärfe tröstet auch ein wenig über die etwas lockere Gegenlichtblende hinweg. Unter’m Strick sind beides zwei empfehlenswerte Objektive, und im 200mm-Bereich bezüglich Gewicht, Abmaße und Robustheit wohl konkurrenzlose Reisebegleiter.