Autor: Dominik
Auf der Suche nach einem leichteren und kompakteren Objektiv mit 200mm Brennweite für längere Wildnis-Trekkingtouren, vergleiche hier mein AF-S Nikkor 70-200mm f2.8 mit zwei anderen, über 30 Jahre älteren, Zoom-Nikkor 80-200mm, sowie einer ebenso alten Festbrennweite 200mm.
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1. Unternehmen
- Nikon Corporation AG (seit 1917), Shinagawa Intercity Tower C, 2-15-3, Konan, Minato-ku, Tokyo 108-6290, Japan
- Alle Objektive Made in Japan
2. Technische Daten
Merkmal | K Nikkor 200mm f4 | Ai Nikkor 80-200mm f4.5 N | Ai-S Nikkor 80-200mm f4 | AF-S Nikkor 70-200mm f2.8 G IF ED VR II |
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Baujahr | 1975 – 1977 (Ai: 1977-81, Ai-S: 1981-96) | 1977 – 1981 (K: 1975-77, Ai: 1977) | 1981 – 1998 | 2009 – 2016 |
Objektiv-Art | Festbrennweite | Profi-Zoom | Profi-Zoom | Profi-Zoom |
Lichtstärke | f 4 – 32 | f 4,5 – 32 | f 4 – 32 | f 2.8 – 22 |
optischer Aufbau | 5 Linsen in 5 Gruppen | 12 Linsen in 9 Gruppen | 13 Linsen in 9 Gruppen | 22 Linsen in 18 Gruppen |
Blendenlamellen | 9 | 7 | 9 | 9 runde |
Naheinstellgrenze | 200 cm | 180 cm | 120 cm | 140 cm |
Abbildungsmaßstab | 1 : 7,4 | 1 : 7,4 | 1 : 4,2 | 1 : 8,3 |
Filterdurchmesser | 52 mm | 52 mm | 62 mm | 77 mm |
Gegenlichtblende | integriert | HN-7 | HN-23 | HB-48 |
Abmaße | 68 x 118 mm | 73 x 154 mm | 73 x 154 mm | 87 x 206 mm |
Gewicht nackt | 529 g | 740 g | 803 g | 1.536 g |
Gewicht einsatzbereit (mit Geli + Filter) | 545 g | 810 g | 875 g | 1.646 g |
Aufbau / Haptik | komplett Metall, robust, kompakt, tadellose Handlage | komplett Metall, robust, mäßig gute Handlage | komplett Metall, robust, einwandfreie Handlage | Metall und Kunststoff, groß und schwer, eher schlechte Handlage |
Verkaufspreis | 500,- DM | 990,- DM | 990,- DM | 2.499,- € |
Marktwert 2023 | 100,- € | 75,- € | 75,- € | 900,- € |
3. Kamera
Alle Objektive kamen an meiner Nikon D810 zum Einsatz, deren maximale Auflösung ich bei JPEG vom Bildformat L bei 7.360 x 4.912 = 36,2 Megapixel auf das mittlere Format M mit 5.520 x 3.680 = 20,3 Megapixel eingestellt habe. Für die alten Objektive wäre vermutlich das kleinste Format S mit 3.680 x 2.456 = 9 Megapixel ausreichend bzw. besser gewesen, jedoch wollte ich es auch dem modernen Zoom nicht zu einfach machen. Bei älteren Objektiven wähle ich unterwegs auf Tourr meist die mittlere Auflösung, so dass ich ausgewählte Bilder bei Bedarf auch auf Leinwandgröße entwickeln kann.
Alle Bilder beim Schärfevergleich sind 100% unbearbeitete RAW-Dateien. Die Aufnahmen zur Bildqualität jeweils JPEG-Dateien im beschrieben mittleren Format, mit Komprimierung auf optimale Qualität.
4. Brennweite
200mm bzw. 12°20 sind nicht gleich 200mm, alle vier Objektive ergeben einen anderen Bildwinkel; Reihenfolge vom kleinsten zum größten Ausschnitt:
- K Nikkor 200mm f4
- Ai-S Nikkor 80-200mm f4
- Ai Nikkor 80-200mm f4.5
- AF-S Nikkor 70-200mm f2.8
Dass das 70-200mm VR II keine echten 200mm Brennweite sind, wusste man bereits vom Vergleich mit dessen Nachfolger dem 70-200mm f2.8E FL ED VR. Dass jedoch gleich alle anderen älteren Objektive mehr Brennweite besitzen, hat mich dann doch erstaunt (Bild-Reihenfolge von oben links nach unten rechts).
5. Bildqualität
Brennweite 200mm, Blende 4, Reihenfolge wie nach Baujahr: 200mm Festbrennweite, dann die beiden 80-200mm, und das 70-200mm.
- 200mm f4: Bei Offenblende deutliche Vignettierung und eher wenig Kontrast. Ab Blende 5.6 deutlich besser, allgemein kühle Farben.
- 80-200mm f4.5: sehr warme Farbabstimmung mit hohem Kontrast, keine Vignettierung erkennbar.
- 80-200mm f4.0: wieder kühlere bzw. neutrale Farbabstimmung mit weniger Kontrast, ähnlich zur Festbrennweite, auch die sichtbare Vignettierung.
- 70-200mm f2.8: beste Farbwiedergabe, hoher Kontrast mit räumlicher Abbildung, nur minimale Vignettierung, einwandfreie Bildqualität.
Das moderne 70-20mm f2.8 liefert die beste Bildqualität, sowie eine beeindruckende Tiefenwirkung; klarer Sieger in punkto Bildqualität. Die Festbrennweite ist nur bei Offenblende etwas flau, leicht abgeblendet ist die den beiden 80-200mm Zoom sehr ähnlich.
Damit es nicht zu einfach wird, Sonnenuntergang Freihand, stark abgeblendet auf f22, mit Provokation von Blendenflecken durch Streulicht (alle Objektive ohne Gegenlichtblende). Die ersten drei nehmen sich nicht viel, wobei die 80-200mm Zoom tatsächlich etwas besser als die Festbrennweite sind. Klarer Sieger aber auch hier wieder das 70-200mm ohne erkennbare Flares.
6. Schärfe
Zum Test der Bildschärfe habe ich alle vier Objektive nacheinander auf Stativ in allen Blendenstufen durchgeschossen, und dies an jeweils unterschiedlichen Orten an unterschiedlichen Tagen. Aus den Bildformaten 7.380 x 4.928 Pixel habe ich dann zur Vergrößerung Ausschnitte im Format 1000 x 670 Pixel erstellt (insgesamt 84 Bilder). Die jeweils schärfsten Ausschnitte, dann wie bereits oben, in einer 4er-Collage.
Kirchturmuhr im Dorf
Mein liebstes Motiv für Schärfevergleiche.
200mm f4
Offenblende 4 minimal unscharf, Blende 5.6 über 8 bis 11 optimaler Schärfebereich, Blende 22 deutlich unschärfer, Blende 32 noch unschärfer.
80-200mm f4.5
Blende 4.5 bis 11 optimaler Schärfebereich, danach f22 unschärfer, f32 deutlich unscharf.
80-200mm f4
Blende 4.0 und 5.6 noch leicht unscharf, optimaler Schärfebereich nur f8 bis f11, ab f16 bereits wieder minimal unschärfer, noch mehr bei f22, und f32 wieder am meisten unscharf.
70-200mm f2.8
Blende 2.8 bis 4.0 noch leicht unscharf, optimaler Schärfebereich f4.5 bis f14, dann bis f20 zunehmend leicht unscharf, Blende 22 dann wieder ähnlich wie Offenblende.
Schilfrohr am See
Zuerst die drei Zoom-Objektive bei 80, 80 und 70mm, dann jeweils alle 4 wieder bei 200mm.
200mm f4
Offenblende 4 und 5.6 noch leicht unscharf, beste Schärfe bei Blende 8, dann bereits abnehmend, f11 noch i.O., aber ab f16 bis f32 zunehmend deutlich unscharf.
Bei den Zoom-Objektiven habe ich nun jeweils zuerst einen Ausschnitt aus 80mm Brennweite gewählt, welcher in etwa einem Bild mit 200mm Brennweite entspricht, und in der zweiten Bildfolge habe ich jeweils 200mm Brennweite auf 1500 x 1000 Pixel skaliert. Aufgrund des Motivs (Bäume hinter Schilfgürtel) ist die Vergrößerung nicht so stark wie bei der Kirchturmuhr, von der Brennweite jedoch vergleichbar.
80-200mm f4.5
Optimale Schärfe bei Blende 8, sowohl darunter minimal unschärfer, darüber zunehmend deutlich unschärfer.
Beste Schärfe f4.5 bis f5.6, danach f8 minimal abnehmend, f11 sichtbar mehr bis f22 gleichbleibend, dann f32 am unschärfsten.
80-200mm f4
Blende 4 und 5.6 noch leicht unscharf, optimaler Schärfebreich f8 bis f16, dann abnehmend über f22 bis zu f32 am unschärfsten.
Blende 4 noch minimal unscharf, optimaler Schärfebereich f5.6 bis f8, danach wieder abnehmend, wobei zu f11 und f22 gleichbleibend, jedoch f32 deutlich unscharf.
70-200mm f2.8
Offenblende 2.8 noch unscharf, ab f4 deutlich besser, optimaler Schärfebereich f5.6 bis f11, ab f16 abnehmend, f22 am unschärfsten.
Offenblende 2.8 noch unscharf, dann zunehmend bzw. optimal bis f8, danach bis f22 gleichmäßig leicht abnehmend.
Fahrzeug-Kennzeichen
Bezüglich des erkennbaren, in nur 6 Meter entfernten Motiv, ähnlich aussagekräftig wie die Kirchturmuhr, Bilder jedoch nur moderat skaliert von 7.380 x 4.928 auf 2.200 x 1.470 Pixel.
200mm f4
Scharf bereits ab Offenblende, und dann auch über den gesamten Brennweitenbereich, nur f32 minimal unschärfer.
80-200mm f4.5
Scharf ab Offenblende, beste Schärfe f8 bis f16, Blende 22 und 32 nur minimal unscharf.
80-200mm f4
Blende 4 bis 5.6 noch minimal unscharf, beste Schärfe nur bei Blende 8, ab f11 wieder minimal unschärfer, Blende 32 am deutlichsten unscharf.
70-200mm f2.8
Minimal unscharf bei Offenblende, dann optimal zwischen f4 und f8, ab Blende 11 nur minimal unschärfer, größte Unschärfe bei f22.
Mond
Alle 4 Bilder auf Stativ mit Fernauslöser, Spiegelvorauslösung und identischen Einstellungen: Blende 8, 1/100s, ISO64. Die ersten vier Originalbilder von 5520 x 3680 Pixel auf 1700 x 1135 Pixel bei 85% Qualität skaliert.
Die nächsten vier sind Ausschnitte aus den Originalen, skaliert auf 640 x 424 Pixel bei 100%. Das Resultat ist eindeutig: Platz 1 für das 70-200mm f2.8, nur knapp dahinter auf Platz 2 die Festbrennweite 200mm f4, ebenfalls nur knapp dahinter das Ai 80-200mm f4.5, und ganz klar auf dem letzten Platz, weil bereits unscharf das Ai-S 80-200 f4.
7. Schärfe-Resumé
- K 200mm f4: Auf größeren Entfernungen über 100m bei Offenblende 4 noch leicht unscharf, dann je nach Entfernung beste Schärfe bei/um f8, spätestens ab f16 unschärfer, f22 und 32 deutlich unscharf. Auf kürzeren Entfernungen bereits bei Offenblende scharf, zweit-schärfste Linse im Vergleich.
- Ai 80-200mm f4.5: Bereits ab Offenblende scharf, beste Schärfe bei f8, wobei darunter nur unwesentlich (wenn überhaupt) unschärfer. Auf größere Entfernungen ab f11 unschärfer, bei kurzen Abständen noch bis f16 scharf. Blende 32 grundsätzlich deutlich unschärfer.
- Ai-S 80-200mm f4: Offenblende Entfernungsunabhängig noch unscharf, teilweise sogar noch f5.6. Optimaler Schärfebereich um Blende 8, bereits nach Blende 11 wieder abnehmende Schärfe, f22 deutlich unscharf, f32 am meisten.
- AF-S 70-200mm f2.8: Offenblende grundsätzlich unscharf, optimaler Schärfebereich zwischen f4 und f11, danach minimal aber gleichmäßig unschärfer; Blende 22 mit größter Unschärfe. Schärfste Linse im Vergleich.
8. Fazit
1. Die Festbrennweite “K Nikkor 200mm f4” ist bei Offenblende durch Vignettierung, Unschärfe und nur relativ wenig Kontrast gekennzeichnet, was sich jedoch bereits bei leichtem Abblenden gibt. Ihr optimaler Schärfebereich um Blende 8 ist relativ eng bemessen, je nach Entfernung auch weiter. Ihre Stärke ist nicht unbedingt die Bildqualität, sondern das im Vergleich mit Abstand geringste Gewicht bei extrem kompakten Abmessungen, sowie auch der längsten (echten 200mm) Brennweite im Vergleich.
2. Das ältere “Ai Zoom-Nikkor 80-200mm f4.5 New” liefert bei wärmeren Farben einen höheren Kontrast als sein Nachfolger, auch ist es bereits unterhalb seiner höchsten Schärfe um f8 scharf genug, und das als einziges Objektiv im Vergleich bereits bei Offenblende. Subjektiv stören könnte einzig der sehr leichtgängige Schiebe-Zoom-Mechanismus.
3. Bezüglich der Bildqualität ist das neuere “Ai-S Zoom-Nikkor 80-200mm f4“, mit seinem geringeren Kontrast, den kühleren Farben, und der sichtbaren Vignettierung bei Offenblende, der Festbrennweite sehr ähnlich. Es besitzt zwar den strammeren Schiebe-Zoom-Mechnismus, dafür jedoch auch den im gesamten Vergleich kleinsten Schärfebereich um Blende 8; bei Offenblende war es leider immer relativ unscharf.
4. Diese Eigenschaft teil es sich übrigens auch mit dem modernen “AF-S Nikkor 70-200mm f2.8 G ED VR II“, wobei dieses jedoch deutlich mehr Offenblende bietet, und danach den im Vergleich größten Schärfebereich überhaupt, die grundsätzlich höchste Schärfe, sowie auch die beste Bildqualität mit dem höchsten Kontrast bei natürlicher Farbwiedergabe. Nur 200mm Brennweite bietet es nicht wirklich, und ist von allen natürlich auch das größte, schwerste, und mit weitem Abstand teuerste Objektiv.
Gewinner? Einzig die individuellen Vorlieben entscheiden über das jeweils “beste” Objektiv. Geht es um die beste Transportfähigkeit, hat die Festbrennweite klar die Nase vorn, dieses 200mm kann man praktisch überall mit dabei haben, auch wenn ihr Einsatz nicht explizit geplant ist. Und daher ist diese Linse mein persönlicher Gewinner im Sinne der Anforderungen (Wildnistauglichkeit). Bezüglich Bildqualität und Schärfe kann keines der älteren Objektive dem modernen Zoom das Wasser reichen. Leider jedoch ist dies aber auch kein komfortabler Wegbegleiter bzw. keine Linse für unterwegs. Die beiden 80er-Jahre Schiebe-Zoom liegen irgendwo in der Mitte, bieten immer noch sehr gute Optiken bei verhältnismäßig geringem Gewicht und einem absolut unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis.
Hinweis: Da es sich hier um teilweise 40 Jahre alte Objektive handelt, ist die Gültigkeit meiner Aussagen entsprechend mit Vorsicht zu genießen. Bereits bei neuen Linsen gibt es eine gewisse Serienstreuung, und nach so vielen Jahren dürfte kein Objektiv mehr wie das andere sein. Für 100% Sicherheit bräuchte man alle Objektive in neu, oder aber gleich mehrere von jedem einzelnen Modell, um die Fehlerquote so gering wie nur möglich zu halten. Da ich so etwas leider nicht finanzieren kann, habe ich mir verschiedene Testorte- und Zeiten ausgesucht, um zumindest meine eigene Fehlerquote zu minimieren.
Im Zweiten Teil meines 200mm Vergleichs lege ich mit dem AI-S Nikkor 180mm f2.8 ED noch eine Premiumlinse oben drauf;-)