Autor: Dominik
Das Ai-S Nikkor 105mm f2.5 wird weltweit als das Kult-Objektiv von Nikon gelobt, fast schon verehrt; natürlich musste auch ich es (an der D810) ausgiebig unter die Lupe nehmen.
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1. Produkt
Mittlere Tele-Festbrennweite.
2. Unternehmen
- Nikon Corporation AG (seit 1917), Shinagawa Intercity Tower C, 2-15-3, Konan, Minato-ku, Tokyo 108-6290, Japan
- Made in Japan
3. Kauf
- 05/2023: 182,-€ (Spanien, ebay Sofort-Kauf)
- 06/2023: 187,-€ (Frankreich, ebay Biet-Auktion)
- 06/2023: 55,-€ Gegenlichtblende Nikon HN-8 (Großbritannien, ebay Sofort-Kauf)
Dem 105mm f2.5 eilt ein gewisser Ruf voraus, weltbekannte Fotografen bewerten es als herausragend, und in einigen Foren wird sogar ein regelrechter Kult um dieses Objektiv betrieben. Seit 1971 ist das Gauss-Design praktisch unverändert, und wurde innerhalb von über 30 Jahren insgesamt über eine halbe Million Mal verkauft (meine Zählung ergab 516.178 Stück). Die dennoch bescheidene Verfügbarkeit spricht dafür, dass sich die aktuellen Besitzer vermutlich nicht davon trennen möchten, was ein gutes Zeichen sein dürfte.
Auf der Suche nach einer Portrait-Linse für Ilai wurde mir dieses aufgrund seiner Bekanntheit regelrecht unter die Nase gerieben. Persönlich hätte ich hier eher das 105mm f1.8 gewählt, welches ausschließlich von 1981-2005 als Ai-S erhältlich war, aber 1. ist dieses leider nur zum Preis eines Ai-S 85mm f1.4 erhältlich (ab 500€ aufwärts), und 2. wollte ich die Portrait-Linse eigentlich auch gern auf Touren nutzen, weshalb sie also nicht zu schwer sein sollte (105mm f1.8: 580g / 85mm f1.4: 620g). Da kamen mir dann Aussagen, wie, das f2.5 wäre genau so gut wie das f1.8 gerade recht, und ich schlug bei einem guten Angebot in Spanien zu. Der Verkäufer Names Casanova (laut Absender-Anschrift) hatte den Titel glücklicherweise falsch geschrieben, und die Angebotsbilder waren für die, die es dennoch gefunden haben, auch nicht gerade sehr überzeugend. Allerdings war die Seriennummer ungewöhnlich hoch, und beide Originaldeckel auch noch dabei – ohne Risiko keine Erfahrung;-)
4. Spezifikationen
Im zweiten Teil dieses Reviews erklärt sich dann der Grund, warum ich hier zwei dieser Objektive aufgenommen habe. Weil das zweite natürlich über nahezu identische Spezifikationen verfügt, nenne ich bei diesem lediglich die kleinen Unterschiede.
Merkmal | SN 1039747 | SN 902407 |
---|---|---|
Modellbezeichnung | Nikon Ai-S Nikkor 105mm f2.5 | |
Produktionsjahr | 08/1981 – 2005 | |
Produktionsvolumen | 163.937 | |
Seriennummern | 890001 – 1053938 | |
Vorgänger | Ai Nikkor 105mm f2.5 (1977 – 09/1981) | |
Nachfolger | ohne (letztes 105mm f2.5) | |
Gehäuse | komplett Metall, Gummi-Fokus-Ring | |
optischer Aufbau | 5 Linsen in 4 Gruppen | |
Farbe der Frontlinse | lila | türkis |
Brennweite | 105mm | |
Bildwinkel | 23°20 | |
Naheinstellgrenze | 100cm | |
Abbildungsmaßstab | 1:7,7 | |
Blenden | f2.5 – f22 | |
hyperfokale Entfernung | f8, f16, f22 | |
Infrarotmarkierung | kleiner roter Punkt auf silbernem Metallring | |
Blendenlamellen | 7 gerade (Vorgänger AI abgerundet) | |
Blendenring | präziser Gang, sehr klare Verrastungen | |
Fokus-Drehung | 140° (Vorgänger 170°), weich bis leicht, leicht schleifend | weich mit Widerstand |
Breite Fokus-Ring | 20mm | |
maximaler Fokusweg | 12,5mm | |
Frontelement beim Fokussieren | fest | |
Länge nackt | 78mm | |
Länge mit Deckeln | 92mm | |
Länge maximal, d.h. Fokus 1m und mit ausgefahrener Gegenlichtblende | 126mm | |
Durchmesser | 64mm | |
Filtergewinde | 52mm | |
Gewicht nackt (Herstellerangabe 430g) | 429g | 423g |
Objektiv-Beutel | Nr.62 | |
Objektiv-Köcher | CL-32S | |
Plastikdose | CP-2 |
5. Praxis
Beim Auspacken hatte ich schon etwas gezittert, tatsächlich gab es dann aber eigentlich keinen Grund dazu. Das Objektiv befand sich äußerlich in einem guten Zustand, die Linsen waren frei von Schimmel oder Nebel, nur der übliche Staub war zu erkennen. Was jedoch (zumindest im Vergleich zu anderen Objektiven) eher ungewöhnlich war, dass es im vorderen inneren Bereich des Gehäuses, also außerhalb des Sichtfeldes, feine Sandkörner enthielt. Bezüglich seiner trockenen heißen Herkunft fast schon ein Klischee, die vermutliche Konstruktions-bedingte Ursache habe ich dann später erkannt.
Auch am Bajonett konnte man sehen, dass es offensichtlich nicht oft zum Einsatz bekommen ist, es gibt praktisch überhaupt keinen Abrieb am verchromten Messing-Verschluss. Allerdings habe ich auch eine konstruktionsbedingte Schwachstelle am Objektiv entdeckt: beim Fokussieren auf Naheinstellgrenze fährt das hintere Linsenelement derart weit nach vorn, dass zwischen diesem und dem Innenraum ein ca. 5mm breiter Spalt entsteht, wo hervorragend viel Schmutz eindringen kann.
Bei keinem anderen mir vorliegenden Objektiv kann man, wie in diesem, fast schon hinein fassen. Zum Vergleich: am 200mm f4 hat man diese Röhre künstlich nach innen verlängert und mit Samt ausgekleidet; das hätte man meiner laienhaften Sichtweise hier auch tun können, der Platz dafür ist vorhanden. Daher Vorsicht: Fokus am besten immer auf unendlich stellen, bevor man das Objektiv de/montiert. Der vorhandenen Staub liegt übrigens genau direkt hinter diesem letzten Linsenelement, und dieser Spalt erklärt dann auch die Sandkörner aus einer windigen sandigen Gegend (z.B. Meeresküste).
Ansonsten macht das 105mm, wie auch alle anderen mir bekannten Ai-S Objektive einen sehr wertigen Eindruck, es besteht (außer dem Fokusring aus Gummi) nur aus Metall. Die Gegenlichtblende ist integriert, sitzt ausgezogen jedoch leider sehr wackelig; noch wackliger als beim 200mm f4. Die alten Ai- und K-Blenden saßen bekanntlich alle strammer.
Aus diesem Grund, und damit die Frontlinse auch während der Nutzung beschützt bleibt, habe ich mir die relativ seltene originale HN-8 Einschraubblende gekauft. Einziger Nachteil ist das nun deutlich höhere Transportvolumen des Objektiv. Dafür jedoch lässt es sich mit der permanent montierten Blende deutlich sicherer greifen, ich fasse es praktisch nur noch an der Blende an.
Objektiv mit permanentem Klarglas/Schutzfilter und Gegenlichtblende, in dieser Konfiguration nutze ich es.
Meine Nikon D810 bleibt auch mit den 430g noch sicher stehen, der Fokus lässt sie wie gewöhnlich sehr gut bedienen; so weit so gut.
Blendenlamellen
Es war nicht nur stark bewölkt und damit ein wenig zu dunkel für solche Fotos, auch die sitzen Blendenlamellen, zumindest optisch betrachtet, sehr weit im Inneren; ein Lampenhalter wäre gut gewesen. Der Unterschied zwischen Offenblende f2.5 und f2.8 klingt nicht nur wenig, er ist auch nur zu sehen, schaut man schräg in den Tubus hinein. Genau so kurz ist der Weg am Blendenring, weshalb man bei den beiden großen Blenden schon besser hinsehen sollte, um die richtige zu wählen.








Unschärfe-Bokeh
Das Charaktermerkmal dieses Objektiv erkennt man vor allem bei Offenblende: ein erstaunlich cremiger, unscharfer Hintergrund. Und bis Blende 4 lässt sich das Motiv auch wunderbar von selbigem freistellen.








Schärfe I – SN1039747
Hier war ich natürlich schon vorher sehr gespannt, bei all den bekannten Lobliedern müssen die Resultate ja umwerfend sein!
Close-Up 1m
Zu Beginn an der Naheinstellgrenze von gemessenen 95cm (Herstellerangabe 100cm). Alle Aufnahmen an der Nikon D810, auf Stativ, mit Kabelfernauslöser, aber ohne Spiegelvorauslösung, dafür um so mehr Mücken. Daraus dann jeweils ein Ausschnitt aus der oberen Bildmitte sowie der unteren linken Bildecke im Format 600 x 400 Pixel (knapp 100% Vergrößerung).
Einen Unterschied zwischen Blende 2.5 und Blende 2.8 gibt es offensichtlich, auch wenn dieser nur sehr klein ist. Offenblende ist von allen die weicheste, wobei 2.8 auch nicht viel schärfer ist, genau so in der Folge f4, f5.6 und f8. Blende 11 ist zwar die „schärfste“ von allen, aber dennoch nicht wirklich scharf, Blende 16 entspricht f8 und 22 ungefähr Offenblende. Eine wirkliche Schärfe wollte sich in keiner Blendenstufe einstellen (Kontrolle per Bildschirmlupe).








Gleiches Resultat auch in der Bildecke, nur mit einer Blende Versatz, d.h. hier ist Blende 16 am „schärfsten“, wobei „scharf“ alles andere als passt, denn tatsächlich sind alle Bilder unscharf, was etwas ernüchternd, wenn nicht sogar enttäuschend ist. Auf Naheinstellgrenze und/oder flache Motive sollte man mit diesem Objektiv offensichtlich fotografieren.








Nahbereich 5m
Gleiches Motiv, identische Einstellungen, nur Format-füllend aus 520cm Entfernung.

Wieder das selbe! Offenblende sichtbar weich, dann minimale Steigerung über jede Blendenstufe hinweg, bis zum Maximum Blende 11-16, jedoch nie wirklich scharf. Schon sehr kurios.








In der Bildecke ist zumindest Blende 11 halbwegs scharf. Alle anderen sind wieder unscharf, wobei Blende 16 und selbst 22 noch weniger unscharf als Blende 8 und darunter sind.








Wiederholung 5m
Am nächsten Tag habe ich diesen Test wiederholt, und peinlich genau auf sämtliche Einstellungen geachtet. Diesmal nicht nur mit mittlerer Bildgröße M 5520 x 3680 Pixel und hoher Auflösung, sondern sowohl in großem (7360 x 4912 Pixel) als auch kleinen (3680 x 2456 Pixel) Bildformat, in jeweils unkomprimierter als auch kleinstmöglicher Auflösung; d.h. praktisch alle möglichen Kamera-Einstellungen. Damit es hier jedoch nicht zu viel wird, bilde ich nur das qualitativ beste Ergebnis ab (Bildgröße L Fine).








In der Bildmitte ziemlich das gleiche Resultat wie auch zuvor. In der Bildecke scheinbar minimal besser, d.h. nicht nur Blende 11, sondern auch Blende 8 halbwegs scharf. Ob dies daran liegt, dass ich das Objektiv am Tag zuvor nochmal ordentlich geschüttelt habe? Unter dem Strich jedoch keine gravierenden Veränderungen.








Entfernung 130m
Anderes Motiv, größere Entfernung, Einstellungen wie zuvor: Nikon D810, auf Stativ, mit Kabelfernauslöser; aus dem Originalbild jeweils die Ausschnitte aus der rechten Bildmitte (Haus mit Schornstein) sowie der linken unteren Bildecke (Wiese).

Das Ergebnis aus größerer Entfernung ist offensichtlich besser. Zwar ist auch hier keines der Bilder knackscharf, jedoch ähnlich anderer älterer Festbrennweiten (an meiner hochauflösenden D810!). Dafür ist die Bildqualität, d.h. Farbwiedergabe, Kontrast, Räumlichkeit sehr gut.








unscharf, unscharf, unscharf, unscharf, unscharf, Blende 11 zwar am besten aber dennoch etwas unscharf, unscharf, unscharf. Man könnte es auch weich nennen, dennoch ist es unscharf bzw. das Objektiv besitzt eine nur geringe Schärfentiefe.








Vergleiche
Zwei Wochen später habe ich, im Rahmen eines anderes Objektiv-Reviews auch diesen Test wiederholt.
In der Bildmitte ist Blende 11 bis 16 die schärfste, wenn man dies so sagen mag; in den Bildecken wäre es Blende 22. Ansonsten ist dieser zweite Test die Bestätigung des ersten, praktisch keine Veränderung.








Zum Vergleich hier einmal das Ai Micro-Nikkor 105mm f4. Schärfste Blende hier f16, wobei Offenblende noch schwammiger ist, sich die Schärfe dann jedoch langsam mit jeder weiteren Blendenstufe verbessert, und f32 mehr abfällt als f22 beim 105mm f2.5.







Bildecke unten links bei 100% Vergrößerung: das Ai-S Nikkor 105mm f2.5. Blende 22 wird ansatzweise scharf.








Gleiches Bild bei 100% Vergrößerung mit dem Ai Micro Nikkor 105mm f4. Auch hier ist Blende 22 die „schärfste“.







Und weil ich es ganz genau wissen wollte, hier das volle Programm: Das Ai-S 105mm f2.5 im Vergleich mit dem Ai Micro-Nikkor 105mm f4, sowie dem AF-S Zoom-Nikkor 70-200mm f2.8 G ED VRII bei 105mm; alle Aufnahmen Freihand (Perspektive nicht gleich).
Zusammenfassung
Zuerst dachte ich, das Objektiv hätte irgendeinen Defekt, weshalb ich mir soviel Zeit genommen habe, um die Tests zu wiederholen und es auch mit anderen Brennweiten zu vergleichen. Dabei hat sich dann heraus gestellt, dass ich, aufgrund all der Loblieder im Netz, womöglich einfach nur zu hohe Ansprüche hatte. Keine Frage, werden Farben und Kontrast werden auf einem sehr hohen Niveau wiedergegeben, da kann man schon mal ins Schwärmen kommen. Allerdings habe ich bei keinem dieser Lobhuddeleien irgendwelche Belege dafür gefunden; es wäre nicht das erste Objektiv, dem man etwas zu viel Honig um die Linse schmiert.
Andererseits könnte mein Exemplar bezüglich seiner Schärfe auch tatsächlich nicht ganz in Ordnung sein. Es besteht die Möglichkeit eines „Montags-Objektivs“, d.h. Unterschiede im Rahmen der Serien-Streuung. Hatte ich meines Wissens bislang noch nie, findet man jedoch auch nur im Vergleich mit anderen heraus, und wer macht das schon? Ebenfalls könnte das Objektiv schlichtweg mit meiner Kamera überfordert sein, was man jedoch nur herausfindet, teste man an anderen (älteren) Kameras (habe ich nicht mehr). Dagegen spricht allerdings ein anderes Review, bei welchem das Objektiv explizit an der D810 für seine Schärfe bereits bei Offenblende gelobt wird. Aber auch hier fehlen, wie praktisch immer, sämtliche Nachweise. Für Beschädigungen und/oder Veränderungen durch Missbrauch oder Manipulation sehe ich keine Anzeichen; die winzigen Maden-Schlitzschrauben im Tubus, welche sich leicht verformen, erscheinen noch unangetastet.
Fazit zur Schärfe: an meiner D810 reagiert das Ai-S Nikkor 105mm f2.5 im Nahbereich und flachen Motiven mit einer leichten, aber dennoch auf allen Blendenstufen, konstanten Unschärfe. Bei größeren Entfernungen besteht dieses Problem nicht mehr. Warum dies so ist, darüber kann man nur spekulieren. Eine mögliche Erklärung würde nur ein Test mit einem anderen Exemplar an einer anderen Kamera liefern; jedoch selbst das wäre nicht 100% sicher, denn auch dort könnte es eventuell Unstimmigkeiten geben. Nutzt man das Objektiv für Porträts und Landschaftsaufnahmen, gibt es nicht viel zu beanstanden. Eher beanstande ich Aussagen (welcher Natur auch immer), denen keine Belege beigefügt sind; so etwas fördert vor allem falsche Erwartungen.
Schnappschüsse I
Der „Witz“ an der Sache: das allererste Motiv, welches ich noch vor den Schärfetests abgelichtet hatte, wollte auch mit großer Mühe nicht wirklich scharf werden. Dieses Amsel-Ei habe ich bestimmt 10Mal fotografiert, weil es bei jedem Mal wieder leicht unscharf war (selbst mit Bildschirmlupe). Am Ende hatte ich es mir mit der schleimigen Außenschale erklärt, denn das Ei wurde von einem Nesträuber angepickt. Tatsächlich jedoch sieht man auf dem Sockel darunter die schmale Schärfeebene bei Blende 2.5 sehr gut, und diese liegt offensichtlich genau auf Höhe des Ei, schärfer geht’s also nicht. Schade eigentlich, denn der Hintergrund ist wunderschön cremig. Solch ein tolles (bokeh)Resultat sucht man bei modernen Objektiven vergeblich.
Auch die Blesshühner habe ich, zwar Freihand, aber diesmal, aufgrund der Entfernung von ca. 50m, mit der digitalen Bildschirmlupe fokussiert.
Anderes Motiv, diesmal ohne Bildschirmlupe, und normal über den optischen Sucher, bei Blende 2.5, 1/1000s, ISO100. Dass die Vergrößerung leicht unscharf ist, dürfte an der Offenblende liegen, kleinere Blenden führen zu schärferen Ergebnissen, siehe Stadt-Bilder. Ansonsten sitzt auf längeren Entfernungen bzw. bei mehr Tiefenschärfe der Fokus meist besser (von 7 Serienbildern mit minimal variiertem Fokus, war dies das schärfste Resultat).
Im Review vom Nikkor Ai-S 35mm f2 sieht man die Gespinstermotten noch im Strauch hängen, drei Tage später war von diesem und den Raupen nichts mehr übrig. Zwischenzeitlich haben Sie sich auch auf anderen Laubgehölzen ausgebreitet.
Meine geliebte Berg-Flockenblume sah im 35mm-Review auch noch etwas prachtvoller aus; scheinbar lässt bei diesem Objektiv alles irgendwie nach.
Aber eines muss man dem Objektiv lassen, es hat ein schönes Bokeh! Für mich ist es seit dem die „weiche“ Linse;-)
Hier noch einmal vier Original-Blickwinkel mit den jeweiligen Ausschnitten aus der Bildmitte.
Vergleich zum 200mm f4
Ein ganz interessanter Vergleich, mit erstaunlichem Resultat, zwischen dem Ai-S 105mm f2.5 und dem Ai-S 200mm f4. Beide Aufnahmen auf Stativ mit Kabelfernauslöser bei Blende 8, 1/200s, ISO100. Aus dem Originalformat 7360 x 4912 Pixel dann jeweils ein vergleichbarer Ausschnitt gleichen Maßstabs. Erkenntnis: Bedenkt man, dass der Ausschnitt des 200mm deutlich weniger vergrößert wurde (2.500 x 1.656 vs. 1.350 x 900 Pixel), dürfte das 105mm sogar noch etwas schärfer sein. Was man jedoch sofort erkennt, es ist kontrastreicher; und das 200mm war bislang kein schlechtes Objektiv. Ersetzen kann das 105mm das 200mm dennoch nicht, da ich eine derartig kleine Ausschnitts-Vergrößerung nicht mehr entwickeln würde.
Gleiches Motiv nur mit dem 105mm, an meinem weniger sonnigen Tag und eine Blendenstufe kleiner (maximaler Kontrast); die Vergrößerung entspricht der vorherigen.
Flares
Was jedoch, und sicher unabhängig von der Schärfeleistung, ein Negativ-Kriterium ist, und was ich so auch noch nirgendwo gelesen habe: Flares. Was hier an Linsenreflexionen verursacht wird, ist mitunter ein ganzer Strahl quer durch das gesamte Bild. Ein wenig dieser Dynamik, finde ich, macht Bilder lebendiger. Diese Flares jedoch übertünchen zu viel, und wirken (wenn es für jemand anderen nicht schon wieder Kunst ist), störend. Auch der niedrigste Sonnenstand erzeugt noch eine Reflexion, die im Vergleich zu anderen Objektiven relativ dominant ist.
Porträt
Bei größeren Entfernungen sitzt der Fokus in mindestens 50% der Fälle vor dem Motiv, hier ein Beispiel davon, sowie auch eine getroffene Schärfe; beide Aufnahmen f2.5, 1/1000s, ISO100.
Gewiss nicht die schönsten Porträts, jedoch die, wo der Fokus auf den Punkt (Augen) sitzt. Gut zu erkennen an Nase und Ohren, sowie der schmalen Schärfeebene im Gras. Obwohl in beiden Fällen 100%ig getroffen, bleiben die Augen dennoch weich.
Nach all der Ernüchterung zu guter Letzt noch das, wofür das Objektiv überhaupt bekannt geworden ist bzw. wofür es vermutlich am meisten genutzt werden dürfte, und wofür auch ich es gekauft habe. Bei Porträts wäre eine leichte permanente Unschärfe des Motivs (zumindest bei Offenblende) gar nicht mal so schlimm, hat man doch einen „automatischen Weichzeichner“, der die Poren glättet. Spätestens jedoch bei charakteristischen Augen (worauf man ja üblicherweise scharf stellt), dürfte die Unschärfe dann jedoch auffallen, zumindest heutzutage. Bei über 200 Bildern von Ilai habe ich mich vergeblich bemüht, seine bernsteinfarbenen Augen scharf zu bekommen. Den teilweise guten Motiven tut dies aber dennoch kein Abbruch.
Die ersten Versuche waren recht passabel, die mittige Unschärfe fällt hier fast gar nicht auf.
Was jedoch auffällt, ist unsere aktuelle Mückenplage. Ilai hat sich tapfer geschlagen, man sieht ihm jedoch auch den Unmut darüber an. Fotografiert habe ich hier wirklich nur wegen dem Objektiv, ein Fotoshooting mit dem Ziel schöner Bilder, würde ich unter diesem Umständen nicht machen. Alle 4 Bilder bei Blende 2.8, 1/200s, ISO160.
Zur Entspannung sind wir kurzzeitig in den Wald geflüchtet, auch weil ich dort bald zu dunkel für Fotos wurde (wie man auch gut am Weißabgleich sieht). Alle 4 Bilder bei f2.5, 1/200s und bereits ISO400. Mehr geht hier schon nicht mehr, bzw. für hellere Bilder fehlt es dem Objektiv hier an Lichtstärke.
Also wieder zurück auf die Mückenwiese, und erst mal etwas Parasiten aufscheuchen, Action-Bilder bei Blende 2.5, 1/1000s und ISO250. Hier sieht man übrigens „sehr schön“ die starke Randabschattung bei Offenblende. Viertes Bild in ruhigem Gang, und dennoch mit seitlicher Beachtung, ein „natürliches“ Motiv, wie ich es mag.
In den letzten abendlichen Sonnenstrahlen konnte ich dann mit der ISO wieder etwas runter gehen, im Halbschatten wieder höher; es bleibt immer meine favorisierte Blende 2.5.
Ilai hat sich ganz spontan zu einer schönen Platz-Pose entschlossen (weniger wegen der Mücken, mehr mir zu Liebe), leider jedoch zu nah vor mir, weshalb der Randbereich etwas knapp bemessen ist, und leider auch nur sehr kurz; hier wären 85mm Brennweite geeigneter gewesen. Alle drei Bilder bei Blende 2.5, 1/320s und ISO200.
Gleiche Einstellung auch zum Abschluss im Sitz (f2.5, 1/320s, ISO250), und dann konnten wir nach gut 30 Minuten Feldarbeit endlich vor den Mücken flüchten! Für die ersten Bilder mit dem Objektiv am schon frühen Abend nicht so verkehrt wie ich finde; Verbesserungspotential vorhanden.
Schaut man sich die Bilder bei Blende 2.5 so an (zumindest die, wo der Fokus traf), würde man vermutlich nicht ahnen, dass andere Bilder auf geraden Motiven mit kleineren Blenden alle samt unscharf waren. Man könnte auf den Gedanken kommen, dass die Linse doch ganz gut ist, und man könnte ebenfalls darauf schließen, dass andere Nutzer ihre Aussagen womöglich ausschließlich aufgrund solcher oder ähnlicher Porträts getroffen haben?
Zwei Tage später, wieder später Nachmittag mit der Sonne im Rücken, dafür aber mit etwas weniger Mücken. Ilai war diesmal deutlich besser drauf, und auch ich wusste nun, wie ich mit dem nicht ganz einfachen Objektiv, bestmöglich umzugehen habe…was, wie ich finde, beides auch ganz gut auf den Bildern zu sehen ist. Alle Aufnahmen Blende 2.5, diesmal jedoch das größte Bildformat in der höchsten Auflösung 7360 x 4912 Pixel = 36,2 Megapixel bzw. durch Verschnitt das kleinste Bild bei 6000 x 4000 Pixel = 24MP.
Für das (subjektive) „Foto des Tages“ habe ich die originalen 7360 x 4912 Pixel (Format 2:3 bzw. 1,50) auf das US-Briefformat 8,5 x 11 inch (21,6 x 27,9cm bzw. 1,29), d.h. 7319 x 4849 Pixel zugeschnitten. Unter den gegebenen Umständen ein nahezu perfektes Bild, wie ich finde.

Schärfe II – SN902407
Was es bei mir zuvor noch nie gegeben hat, ich habe mir, weil ich das Ergebnis so nicht auf mir sitzen lassen wollte, ein zweites Exemplar des 105mm f2.5 gekauft. Zufällig zum beinahe gleichen Preis, aber diesmal nicht aus Spanien, sondern Frankreich. Während das erste mit 1039747 eine sehr hohe Seriennummer besaß, stammte das zweite mit 902407 offenbar aus den ersten Jahren der Ai-S-Produktion (1981-2005: 890001 – 1053938).
Als erster Unterschied fiel mir der nun spürbare Widerstand des Fokusring auf, welcher über den gesamten Drehwinkel straffer aber dafür gleichmäßiger war; man spürte direkt das Fett. Im Vergleich dazu empfand ich das erste nun nicht nur leichter, sondern teilweise auch minimal kratziger, als ob bereits Fett fehlen würde. So etwas stellt man natürlich erst im direkten Vergleich fest, aber wer macht das schon? Als zweites fiel die Gegenlichtblende auf, die beim zweiten (älteren) deutlich besser bzw. straffer saß, nicht mehr so stark wackelte wie beim ersten.
Den minimalen Anteil an Staub in den Linsen hatten beide gemeinsam, dem Exemplar aus Frankreich „fehlten“ zum Glück jedoch die Sandkörner im Inneren, es war also sauberer. Im Licht fiel dann ein weiterer Unterschied auf: während das neuere Modell lila schimmerte, war das ältere eher türkis. Nach intensiver Recherche habe ich heraus gefunden, dass es nicht nur Änderungen bei der Linsenvergütung der einzelnen Baureihen gab (F, C, K, Ai, Ai-S), sondern wohl auch innerhalb dieser unterschiedliche Glasbeschichtungen zum Einsatz kamen. Insofern dürften auch die Abbildungsresultate in 45 Jahren Produktionszeit extrem unterschiedlich ausfallen. Um so erstaunlicher, dass trotz eindeutiger Unterschiede, die Lobhuddelei immer die selbe ist.
Close-up 1m
Also das Ganze noch einmal, beide Objektive nacheinander im Schärfe-Vergleich, das erste (neuere) Modell aus Spanien (SN 1039747) zuerst, folgend das zweite (ältere) Exemplar aus Frankreich (902407). Das ältere Exemplar scheint etwas kühler/neutraler abzubilden.
SN1039747








SN902407








Beim SN902407 zusätzlich aus ca. 100cm Aufnahmeabstand und bei 8 Sekunden Belichtung noch meine Armbanduhr, gestochen scharf (das Saphirglas hatte ich vorher nicht extra gereinigt).
Fazit Close-up
Auf den ersten beiden Blendenstufen 2.5 und 2.8 ist das jüngere Exemplar schärfer, das ältere noch weicher. Ab Blende 4 jedoch wird es vom älteren überholt, dessen minimaler Vorsprung sich dann auch über allen Blendenstufen hält. Dieser deutliche Sprung beim älteren von f2.8 auf f4 ist relativ typisch, wohingegen das Verhalten des jüngeren, bei dem ein gewisser Schleier bleibt, vergleichsweise eher untypisch ist. Beide erreichen ihre maximale Schärfe bei Blende 11, wobei das ältere dabei minimal schärfer ist. Das jüngere (mein erstes) Exemplar ist auf Naheinstellgrenze 100cm bei Offenblende etwas schärfer, darüber hinaus jedoch ist das ältere (mein zweites) Exemplar in der Schärfe überlegen.
Nahbereich 5m
SN1039747
















SN902407
















Fazit 5m
Hier gibt es praktisch keinen Unterschied, beide Objektive unterscheiden sich in keiner einzigen Blendenstufe.
Entfernung 130m
















SN902407
















Fazit 130m
Da bei dieser Entfernung der Fokus noch nicht auf unendlich gesetzt werden kann (ca. 1/4mm davor), ist es natürlich schwierig, bei beiden Objektiven den exakt gleichen Schärfepunkt zu treffen. Wenn es überhaupt einen Unterschied gibt, dann wäre es ein minimal höherer Kontrast beim jüngeren Exemplar. Aber dieser Unterschied ist derart minimal, dass man ihn schon vernachlässigen kann, zudem könnte es wie gesagt auch an der schwierigen Schärfe-Einstellung liegen. Kurz gesagt, bezüglich der Schärfe sind beide Objektive gleich, bezüglich der Bildcharakteristik bildet das ältere Exemplar ein wenig kühler ab, das neuere mit etwas satteren Farben bzw. mehr Kontrast.
Zusammenfassung
Durch den Kauf des zweiten habe ich mir ausreichend Gewissheit eingeholt. Zwar könnte auch dieses Exemplar von der üblichen Serien abweichen, aber wie viele Exemplare möchte man denn noch testen, und wann wäre das Ergebnis sicher? Bezüglich der Schärfe gibt es bis auf die minimalen Unterschiede auf 1m Entfernung praktisch keine weiteren. Die andere Linsenvergütung hat jedoch offensichtlich einen Einfluss auf Farben und Kontraste. Den unterschiedlichen Fokus-Widerstand erkläre ich mir mit einem anderen Fett und/oder einer anderen Menge davon; dies könnte dann auch die gut 5g Gewichtsdifferenz erklären. Nicht immer muss das Fett eines älteren Objektiv automatisch fest/verharzt sein, wie so oft behauptet wird, ohne das Objektiv für solche Aussagen überhaupt vorher geöffnet zu haben. Gewissheit bekäme ich nur durch das vollständige Zerlegen, was ich jedoch für völlig übertrieben halte, da beide Objektive offensichtlich einwandfrei funktionieren. Never touch a runnig system.
Schnappschüsse II
Auf einem kleinen Spaziergang habe ich mit beiden Objektiven und identischen Kameraeinstellungen das gleiche Motiv abgelichtet; jeweils zuerst das ältere (SN902407), danach das jüngere (SN1039747) und aus beiden Aufnahmen dann jeweils ein 100% Bildausschnitt (736 x 491 Pixel).
Und hier noch ein paar Aufnahmen nur mit dem älteren Exemplar, wobei nun jedoch klar sein dürfte, dass es eigentlich egal ist, welches der beiden ich nutze, denn die Bilder sind praktisch identisch.
6. Positives
- robuste Bauweise
- sehr hochwertige Verarbeitung
- sauber laufender Fokus und knackiger Blendenring
- genaue Schärfe-Einstellung im Nahbereich bis ca. 5m
- für 105mm Brennweite noch relativ kompakt
- gute Bildqualität mit satten Farben und starken Kontrasten (letzte Exemplare)
- wunderschönes Bokeh, einmalig cremiger Hintergrund
7. Negatives
- bei scheinbar korrektem Fokus auf Nähe dennoch auf allen Blendenstufen leicht unscharf
- über 15m Entfernung schwieriges fokussieren durch zu leichtgängigen sowie auch zu kurzen Fokus
- sichtbare Vignettierung bei Offenblende (nahezu verschwunden bei f2.8, gänzlich bei f4)
- nicht geeignet für Aufnahmen direkt in die Sonne
- relativ unschöne bzw. großflächig störende Linsenreflexionen bei Gegenlicht
- Gegenlichtblende wackelig (vor allem letzte Exemplare)
- großer Luftspalt zwischen Tubus und hinterem Linsenelement (Staubanfälligkeit)
- enorme Lobhuddelei vieler vermeintlicher Nutzer, ohne Nachweise, und trotz offensichtlicher Defizite
8. Fazit
Nach einem sehr hohen Aufwand, und dem wohl ausführlichsten Objektiv-Review, welches ich jemals verfasst habe, steht das Fazit nun endlich fest. Das Ai-S 105mm f2.5 besticht weniger durch eine hohe Schärfe im Nahbereich, dafür um so mehr durch eine verminderte Schärfentiefe bei gleichzeitig unscharfem Hintergrund und (je nach Produktionsjahr) relativ satten Farben und Kontrasten. Damit eignet es sich besonders für Portät-Aufnahmen, aufgrund seiner Kompaktheit jedoch auch für Landschaftsbilder unterwegs.
Hallo und danke fuer den interessanten Test, auch wenn die Menge der Bilder macht etwas unuebersichtlich.
Habe das Objektiv „damals“ mit einer Filmkamera benutzt, verglichen mit einem AIS Nikkor 85/2.0 machte es (auch damals) auf mich einen Wow-Eindruck. Vermutlich wegen dem groesseren Unterschied zwischen scharf/unscharf, aufgrund der laengeren Brennweite – wie ich heute denke. Heute, wenn ich die beiden Linse auf einer Digitalkamera vergleiche, kann ich keinen Unterschied feststellen. Beide haben in etwa dasselbe Kontrast und die Farbwiedergabe, sind genauso scharf.
Alles Psychologie und falsche Erinnerungen – daher kommen vermutlich all die Lobe, die man heute im Internet findet. Die Linse ist, wie ich finde, nichts besonderes und entspricht dem Stand der Technik der damaligen Zeit. Sie war sehr robust, handlich, stabil, gut genug, ausreichend scharf, hatte einen guten Kontrast, Profis haben sie auf Reisen gerne benutzt (ich auch :-), hat sich gut verkauft – deswegen blieb sie wohl so lange bei Nikon im Angebot.
Heute wurde ich sagen, dass das groesste Problem bei der Konstruktion die longitudinale chromatische Aberration ist (chromatischer Längsfehler). Sie ist riesig und praktisch in jedem Bild gut sichtbar, verlangt fast immer nach einer Korrektur. Verglichen mit einem modernen Canon-Zoom EF 2,8/80-200mm („weisse Tuete“) ist Nikon genauso scharf und kontrastreich, sehe keine Unterschiede diesbezueglich. Das mag fuer Nikon oder aber auch fuer Canon sprechen, je nachdem welchen Standpunkt man annimmt. 🙂