Autor: Dominik
Das Nikkor 35mm ist, mit seinem natürlichen Blickfeld und der herausragend hochwertigen Verarbeitung, ein Sahnestück optischer Linsen-Systeme der 80er Jahre. In der letzten manuellen Ai-S-Version vergleiche ich die beiden Varianten mit Lichtstärke 2 und 1.4 an meiner hochauflösenden Nikon D810 DSLR mit 36 Megapixeln.
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1. Produkt
Standart-Festbrennweite.
2. Unternehmen
- Nikon Corporation AG (seit 1917), Shinagawa Intercity Tower C, 2-15-3, Konan, Minato-ku, Tokyo 108-6290, Japan
- Made in Japan
3. Kauf
Beide Objektive habe ich im Mai 2023 aus Japan importiert (+Gebühren). Nicht etwa weil sie dort “günstiger” waren, sondern weil sie in einem derart guten Zustand überhaupt nicht in Europa erhältlich waren. Und findet man sie (sehr selten) dennoch einmal, dann praktisch zum doppelten Preis.
4. Spezifikationen
Für mehr Informationen zum jeweiligen Objektiv siehe entsprechendes Review (Link in der Überschrift).
| Merkmal | 35mm f2 | 35mm f1.4 |
|---|---|---|
| Modellbezeichnung | Nikon Ai-S Nikkor 35mm f2 | Nikon Ai-S Nikkor 35mm f1.4 |
| Produktionsjahr | 06/1981 – 2005 | 12/1981 – 2020 |
| Serien-Nummer / Baujahr | 315993 aus ca. Anfang 2000 | 494193 aus ca. Anfang 2000 |
| Vorgänger | Ai Nikkor 35mm f2 (1977 – 08/1981) | Ai Nikkor 35mm f1.4 (1977 – 11/1981) |
| Nachfolger | ohne (letztes 35mm f2) | AF-S Nikkor 35mm f1.4 G (ab 2010) |
| Brennweite / Bildwinkel | 35mm / 62° | 35mm / 62° |
| Blendenstufen | f2 – f22 | f1.4 – f16 |
| Blendenlamellen | 7 gerade | 9 gerade |
| optischer Aufbau | 8 Linsen in 6 Gruppen | 9 Linsen in 7 Gruppen |
| Naheinstellgrenze | 30cm (CRC) | 30cm (CRC) |
| Abbildungsmaßstab | 1:5,7 | 1:5,5 |
| Fokus-Drehung | 120°, sehr leicht | 105°, stramm |
| Breite Fokus-Ring | 15mm | 20mm |
| Durchmesser | 62mm | 67,5mm |
| Gesamtlänge (mit Deckeln) | 73mm | 84,5mm |
| Filtergewinde | 52mm | 52mm |
| Gegenlichtblende | HN-3 | HN-3 |
| Gewicht | 280g | 380g |
| Gesamtgewicht (mit Blende + Deckeln) | 320g | 420g |
5. Praxis
Knapp einen Zentimeter länger, einen halben Zentimeter dicker, 100g schwerer, und über 150,-€ teurer, sind der Preis für das um eine Blende lichtstärkere 35mm f1.4
Eine Linse mehr, alle Linsenelemente beim 1.4er mit größerem Durchmesser, aber ein identisches Filtergewinde von kompakten 52mm. Das f2 besitzt etwas mehr Fokus-Winkel (120 statt 105°), und ist spürbar leichtgängiger zu fokussieren. Nicht nur durch den geringeren Widerstand, auch der etwas kleinere Umfang unterstützt die Ein-Finger-Scharfstellung.
Ein ganz interessanter wie auch ungewöhnlicher Unterschied: das großer 1.4er besitzt nicht nur 9 statt 7 Blendenlamellen, diese schließen bzw. überlappen auch gegenteilig zum f2.
An meiner D810 macht das Nikkor 25mm f2 eine recht schicke Figur, wie ich finde. Auch wenn es diese Schönheit etwas beeinträchtigt, nutze ich das Objektiv dennoch konsequent nur mit Blende.
Blendenlamellen
Ohne Kunstlicht lässt sich deutlich besser in das f2 schauen, als in das drößere aber dennoch “dunklere” f1.4.
35mm f2
35mm f1.4
Unschärfe-Bokeh
Mal abgesehen, dass die Aufnahmen des 1.4er bei vergleichbarer Kamera-Einstellung heller sind, steht (sofern es keine Täuschung ist), bei selber Blendenstufe, dessen Motiv auch etwas freier im Vordergrund.
35mm f2
35mm f1.4
Schärfe
Test der Bildqualität bei vier verschiedenen Entfernungen: Naheinstellgrenze 30cm, ca. 150cm, 50m, und auf unendlich (ca. 3km).
Close-Up
Zu Beginn an der Naheinstellgrenze von 30cm. Alle Aufnahmen an der Nikon D810, auf Stativ, mit Kabelfernauslöser, aber ohne Spiegelvorauslösung. Aus dem Original-Bild im Format 7360 x 4912 Pixel dann jeweils ein Ausschnitt aus der Bildmitte sowie der unteren linken Bildecke bei jeweils 100% Vergrößerung.
35mm f2
35mm f1.4
Bildmitte 35mm f2
Bildmitte 35mm f1.4
Fazit Bildmitte: Über Blende 1.4 müssen wir uns wohl nicht unterhalten, dazu hatte ich bereits ausführlich im Review zum Ai-S 35mm f1.4 berichtet. Abgesehen vom Koma des 1.4er ist dessen Blende 2 minimal schärfer als die Offenblende des 2ers. Und dieser Schärfe-Charakter bleibt dann auch bei allen anderen Blenden gleich, das 1.4er ist in jeder Hinsicht schärfer.
Bildecke 35mm f2
Bildecke 35mm f1.4
Fazit Bildecke: Hier sieht es genau anders aus, das f2 ist schärfer; und zwar im Vergleich schärfer in der Ecke, als es das 1.4er in der Mitte ist. Die “schärfste” Blende 16 beim 1.4er liegt in etwa zwischen Blende 5.6 und Blende 8 des 2.0er…welches seine Schärfe dann weiter steigert.
Nahbereich
Gleiches Motiv, identische Einstellungen, nur Format-füllend aus 165cm Entfernung.
35mm f2
35mm f1.4
Bildmitte 35mm f2
Bildmitte 35mm f1.4
Fazit Bildmitte: Selbes Ergebnis wie zuvor, das 1.4er ist sowohl im direkten Vergleich der Blendenstufen, als auch grundsätzlich schärfer als das 2.0er (Ausnahme natürlich bei f1.4).
Bildecke 35mm f2
Bildecke 35mm f1.4
Fazit Bildecke: Bestätigung des Close-Ups, in den Bildecken ist das f2er schärfer, wobei der Unterschied mit gestiegender Entfernung schon nicht mehr ganz so groß ist.
Entfernung 50m
Anderes Motiv, größere Entfernung, Einstellungen wie zuvor: Nikon D810, auf Stativ, mit Kabelfernauslöser; aus dem Originalbild jeweils die Ausschnitte aus der rechten Bildmitte (Haus mit Schornstein) sowie der linken unteren Bildecke (Wiese).
Bildmitte 35mm f2
Bildmitte 35mm f1.4
Fazit Bildmitte: Eindeutig, das 1.4er ist sowohl in jeder Blendenstufe, als auch grundsätzlich schärfer als das 2.0er (Ausnahme f1.4).
Bildecke 35mm f2
Bildecke 35mm f1.4
Fazit Bildecke: Ähnliches Resultat wie schon zuvor, das 2.0er ist in den Bildecken schärfer, bis auf – kleine Sensation, das 1.4er hat aufgeholt – Blende 11 beim 1.4er ist schärfer als Blende 16 beim 2.0er.
Unendlich
Der Fokus liegt hier einzig auf der Bildmitte, die Stadt mit der Kirche ist ca. 3km entfernt. Folgend die 100%-Vergrößerungen je Blendenstufe.
35mm f2
Offenblende unscharf mit chromatischer Aberration, Blende 2.8 deutlich besser, dann je Blendenstufe eine nur leichte Steigerung bis zu Blende 11, dann Blende 16 minimal abfallend, und Blende 22 zwischen Blende 2 und 2.8.
35mm f1.4
Offenblende schwammig mit starken chromatischen Aberrationen, Blende 2.0 ohne CA aber noch unscharf, Blende 2.8 deutlich besser, scharf ab Blende 4, Blende 5.6 nochmals besser, und dann nahezu bleibend bis Blende 11, Blende 16 noch über dem Niveau von Blende 2.8.
Zusammenfassung
Beide Objektive besitzen ihre maximale Schärfe in der Bildmitte, und hier ist das 1.4er noch kompromissloser ausgelegt, so dass das 2.0er bezüglich der Schärfeverteilung einen fast schon ausgewogeneren Charakter besitzt. In der Bildmitte ist das 1.4er schärfer, und holt mit steigender Entfernung zum Motiv auch in den Bildecken auf. Auf unendlich nehmen sich dann beide bei ihrer maximalen Schärfe praktisch nichts mehr.
Linsenreflexionen
Das 35mm f2 ist nicht gerade dafür bekannt, dass man damit in die Sonne fotografieren sollte; es erzeugt vergleichsweise schnell sehr auffällige bunte Kreise im Bild. Zudem sind die Sonnenstrahlen meist auch eher verwaschen unscharf bzw. verschwommen. Hingegen erhält man mit dem 35mm f1.4 tatsächlich eine etwas bessere Sonne, und nicht nur mehr (18 statt 14) Sonnenstrahlen, sondern auch etwas genauere. Trotz dem SIC jedoch erhält man auch hier relativ ähnliche Linsenreflexionen, an linken Bildrand sogar ein sehr großes Geisterbild. Wie es basser gehen kann, sieht man in meinem Vergleich 28mm f2 vs. 35mm f2.
Schnappschüsse
Die folgenden zwei Bilder Freihand, Blende 2.8, 1/250s, ISO100, und dann jeweils einen Ausschnitt mit 100% Vergrößerung. Die Schwierigkeit bei der Blütenrispe des Feuerdorns war, beide Bilder im selben Blickwinkel gleich scharf zu bekommen. Im Originalbild erkennt man, dass 35mm f1.4 lichtet etwas heller ab, und in der Vergrößerung sieht man auch, dass es ein wenig schärfer ist.
Motiv Hundsrose (35cm)
Die Rosa canina besitzt eine vergleichsweise flache Blüte, zusammen mit dem Blattwerk liegt der Schwerpunkt hier weniger auf einer Freistellung des Motivs, als viel mehr einer gleichmäßigen Tiefenschärfe der Blüte. Schärfe-Optimum beim f2.0 bei Blende 8, beim f1.4 bei Blende 11.
35mm f2
35mm f1.4
35mm f2 @30%
35mm f1.4 @30%
35mm f2 @100%
35mm f1.4 @100%
Motiv Fingerhut (ca. 55cm)
Der Digitalis purpurea lässt sich schön freistellen, die langen tiefen Blüten mit ihren feinen Häärchen veranschaulichen sehr gut die Schärfeleistung der Objektive. Schärfe-Optimum beim f2.0 bei Blende11, beim f1.4 bei Blende 5.6.
35mm f2
35mm f1.4
35mm f2 @30%
35mm f1.4 @30%
35mm f2 @100%
35mm f1.4 @100%
8. Fazit
Zu sagen, das f1.4er ist schärfer als das f2er, wäre zu einfach, und könnte zudem auch den falschen Eindruck vermitteln. Das 1.4er besitzt mehr Temperament, und vorausgesetzt man kann damit umgehen, entwickelt es in den richtigen Händen ein höheres Potential. Während das f2er den deutlich ruhigeren Charakter besitzt, und auch für nicht-Profis beherrschbar bleibt; hiermit erreicht man leichter bessere Bilder. Das 1.4er würde ich, unabhängig von der Anwendung, keinem Anfänger nahelegen, dieses Objektiv benötigt eine gewisse Eingewöhnung, technisches Verständnis und Arbeit damit. Ähnlich einem hohen Temperament bei Lebewesen, kann der Einsatz damit auch mal daneben gehen, und dann nützt weder die Lichtstärke noch die Schärfe, um dennoch schlechte Bilder damit zu erzeugen. Wer einfach nur mit praktischen 35mm Brennweite gute Bilder machen möchte, dem wird dies mit dem f2 auch gelingen, und damit zufrieden sein. Nur wer höhere Ansprüche besitzt, und diese auch zu befriedigen weiß, für den bietet das 1.4er, bei einem deutlich höheren Kaufpreis, mehr Entwicklungs-Möglichkeiten.
