Autor: Dominik
Die Modelle Parus und Tracker des italienischen Herstellers Fox Knives sind taktisch-militärische Einsatz- und Überlebensmesser.
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1. Produkt
Militärische Einsatz- und Überlebensmesser
2. Unternehmen
- Coltellerie Fox, Oreste Frati, srl, Via la Mola 4, 33085 Maniago, Italy
- FKMD (Fox Knives Military Division) für behördliche Anwendungen, seit 2005 auch Nato-Ausrüster (entsprechende Modelle mit NATO-Nummer)
- Made in Italy
3. Kauf
- Parus 03/2022: 180,-€
- Tracker 03/2022: (UVP 250,-€)
4. Spezifikationen
Parus
- Gesamtlänge: 307 mm
- Klingenlänge: 175 mm
- Schleifwinkel: 24°
- Schliff: kombiniert
- Klingenhöhe: 46 mm
- Klingenstärke: 6,0 mm
- Klingenform: Recurve
- Klingenfinish: Ceracote bzw. Physical Vapor Deposition Gun Met
- Klingengriff: Rat-tail bzw. Spitzerl
- Stahl: Böhler N690Co
- Härtegrad: 58-60 HRC
- Lanyard-Öse: 6 mm
- Grifflänge: 131 mm
- Griffmaterial: Forprene
- Scheide: Cordury, MOLLE-kompatibel
- Gewicht Messer: 338 g
- Gesamtgewicht mit Scheide: 526 g
- Design: Fox Knives
- Modell-Nummer Parus: FX-09CM01B
Tracker
- Gesamtlänge: 285 mm
- Klingenlänge: 150 mm
- Schleifwinkel: 22°
- Schliff: kombiniert
- Klingenhöhe: 44 mm
- Klingenstärke: 6,0 mm
- Klingenform: Tracker
- Klingenfinish: Ceracote bzw. Physical Vapor Deposition Gun Met
- Klingengriff: Rat-tail bzw. Spitzerl
- Stahl: Böhler N690Co
- Härtegrad: 58-60 HRC
- Lanyard-Öse: 6 mm
- Grifflänge: 131 mm
- Griffmaterial: Forprene
- Scheide: Cordury, MOLLE-kompatibel
- Gewicht Messer: 316 g
- Gesamtgewicht mit Scheide: 586 g
- Design: Giorgio Danese Tecnoreef
- Modell-Nummer: FX-9CM06
5. Praxis
Beide Messer sind, wie übrigens auch einige weitere FKMD-Modelle sehr ähnlich, und dennoch recht verschieden. Gemein ist allen der verwendete Klingenstahl, dessen hohe Materialstärke, der aufgezogene Kunststoffgriff, und eine mehr oder weniger praktische Nylonscheide, wie ich sie bereits von meinem Fox Dolch kannte. Während das Parus eher einem Überlebensmesser entspricht, könnte man das Tracker als taktisches Camp-Messer bezeichnen.
Böhler N690Co
Der Böhler N690Co Stahl bzw. X105CrCoMo18-2 oder auch unter der Werkstoffnummer 1.4528 bekannt, setzt sich wie folgt zusammen: Kohlenstoff 1,08%, Silizium 0,40%, Mangan 0,40%, Chrom 17,30%, Molybdän 1,10%, Vanadium 0,10%, Kobalt 1,50%. Damit ergeben sich vor allem eine gute Schnitthaltigkeit, passable Zähigkeit, einfache Nachschärfbarkeit und hohe Korrosionsbeständigkeit. Die Innerhalb der Klasse der “rostfreien” Stähle würde ich den N690, auch aus meiner praktischen Erfahrung mit Klingen anderer Hersteller w.z.B. Extrema Ration, dem ähnlich ausgewogenen CPM-S30V recht nahe setzen. Wobei Klingen aus N690 im direkten Vergleich mit dem CPM-S30V etwas weniger schnitthaltig sind, sich dafür aber etwas besser schärfen lassen.
Forprene Griff
Der gummiartige Kunststoffgriff ist über den Spitzerl gezogen, und jeweils mit 2 Schrauben daran befestigt. Das Griffdesign beinhaltet meiner Meinung nach keine ergonomisch sinnvollen Elemente, im Gegenteil, es wird sogar als störend empfunden. Die seitlichen Fingermulden erfüllen keinen praktischen Nutzen, ähnlich die obere Daumenauflage (weil in der Höhe unterhalb des Messerrückens), und die untere Riffelung für den Zeigefinger ist derart spitz-aggressiv, dass sie sich unangenehm in die Fingermulde drückt.
Parus
Die Klinge des Parus besteht aus zwei Schneidenarten. Die hintere Recurveschneide ist besonders gut für Schnitt und Schabearbeiten auf rundem Schnittgut wie Ästen und Stämmen. Der vordere Bereich im Drop-point-Format sitzt etwas tiefer, und ist mit höherer Kopflastigkeit besonders für Hackarbeiten geeignet.
Das Parus kann auf mindestens zwei Arten gegriffen werden: mit vollem Griff (für grobe Tätigkeiten) und über die Fingermulde in der Klinge für präzisere Arbeiten. Beim hinteren Griff wird die Daumenauflage als auch die Zeigefingermulde als deutlich zu aggressiv empfunden, beim vorderen Griff bohrt sich die scharfkantige Daumenauflage erneut in den Finger. Hand- oder Fingerschonende Arbeiten sind damit nicht möglich, die Nutzung von Handschuhen fast schon Pflicht.
In der MOLLE-kompatiblen Nylonscheide ist das Messer doppelt gesichert, der obere Bereich kann bei geschlossenem Gürtel per Klettverschluss angelegt, oder auch per Schnellverschluss komplett abgenommen werden. Eine innenliegende Hülle besitzt die Scheide nicht, die Oberschenkelarretierung besteht lediglich in Form einer einfachen Schnur (wenig komfortabel).
Auf der Scheide des Parus kann die beiliegende Zubehörtasche angebracht werden. Diese enthält eine umfangreiche, wasserfeste Survival-Box aus Aluminium mit u.A. kleinem Taschenmesser, Minikompass, Angelzubehör, Streichholzbox, Kerze, Nähgarn und Verbandmaterial. Unerträglich beim Parus war der bestialische Gestank der Scheide. Sofort nach Öffnen der Verpackung drehte sich grummelnd der Magen um, das Zimmer musste zwangsbelüftet, und das Messer sofort an die frische Luft gebracht werden. Auch nach 3 Wochen (!!!) Auslüften blieb der offensichtlich gesundheitsschädigende Gestank, welcher sich auch auf das Messer (vor allem Griff) und Survival-Box übertragen hatte, weiter vorhanden. Das Messer wart praktisch nicht nutzbar, und ging zurück zum Verkäufer. Aufgrund fehlender Angabe des Herstellungsortes der Scheide vermute ich China.
Tracker
“Tracker” steht auf der Klinge sowie auf der Seite des Herstellers. Auf dem Karton und auch in einigen Verkäuferbeschreibungen jedoch steht “Trakker”. Hinsichtlich Schreibweise und Logik bleibe ich hier bei “Tracker”, denn das Klingendesign ist zweifelsohne vom bekannten Tom Brown Tracker abgeleitet. D.h. der hintere Teil ist auch hier geschwungen (Recurve), der vordere Bereich tiefer gesetzt, und mit einer Tantospitze versehen. Aufgrund der hohen Materialstärke eignet sich diese jedoch genau so wenig für penetrierende Bohr- oder Stechaufgaben, wie die des Parus. Als Besonderheit jedoch wurde dieser vordere Klingenbereich in der Materialstärke mehr verjüngt, d.h. der Flachschliff deutlich höher angesetzt, was spaltenden Arbeiten zu Gute kommt.
Die Handlage beim Tracker ist zwar etwas anders, dennoch ähnlich schlecht wie beim Parus. Aufgrund des oberen Handschutzes und der nicht vorhandenen Fingermulde in der Klinge ist hier kein Vorgreifen für feinere Arbeiten möglich. Erschwert werden diese zusätzlich durch die erst spät bzw. weiter vorn angesetzte Schneide. Auch wenn offensichtlich extra weiter vorn angebracht, stört der obere Handschutz dennoch bei dahinter aufgelegtem Daumen. Und genau auch wie beim Parus hinterlässt das Messer bleibende Abdrücke sowohl im Daumen als auch Zeigefinger.
Die Scheide des Tracker hingegen ist enorm funktionell. Dadurch dass sie länger ist, kann sie deutlich bequemer als Oberschenkelholster getragen werden, auch weil sie einen vollwertigen, einstellbaren Gurt mit Schnellverschluss besitzt, welcher auch mit rutschhemmenden Gummielementen (grau) versehenen ist. Auch diese Scheide lässt sich sowohl per Klett- als auch Schnellverschluss ansetzen, die Schnellverschlussschnalle ist dabei sogar zusätzlich gegen unbeabsichtigtes Öffnen gesichert (mittiger Druckknopf). Arretiert wird das Messer hier nur durch einen Druckknopf, dessen Riemen jedoch besteht aus einem schnitthemmenden Kunststoff. Auch verfügt die Scheide des Tracker über eine Kydexeinlage, welche unten offen ist (auch das Parus passt daher hinein) und eine Beschädigung des Nylonmaterials verhindert. Auf der MOLLE-kompatiblen Scheide vor aufgesetzt ist eine kleine Tasche mit Klettverschluss, z.B. für ein Multitool.
6. Positives
- durchdachte multifunktionale Scheide, vor allem beim Tracker
7. Negatives
- schlechte Handlage, praktisch keine Ergonomie vorhanden
- aggressive Daumenauflage führt zu schmerzenden Fingern
- störender oberer Handschutz beim Tracker macht feine Arbeiten fast unmöglich
- Klingengriff beider Messer nur Rat-Tail, kein Integral (erhöhte Bruchgefahr bei Hebelarbeiten)
- unerträglicher chemischer Gestank der Scheide (Parus)
8. Fazit
Auch wenn ich einen praktischen Hintergrund der beiden Messer erkennen kann, führte deren Design eher zu einer praktischen Ausmusterung. Die Messer besitzen derart viele konstruktive Nachteile, dass ich mir keinen Anwendungsfall vorstellen kann, welcher nicht mit vielen anderen Messern deutlich besser absolviert werden könnte. Kurz gesagt: fehl-designt.