Autor: Dominik
Das Fat Anniversary Steel Heart (ASH-1) ist alles andere als ein gewöhnliches Messer, und dennoch habe das seltene Stück in der Praxis getestet.
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1. Produktbeschreibung & Anwendungsbereich
- Camp- und Sammlermesser
2. Hersteller & Produktionsland
- Busse Knife Group, Busse Combat (gegründet 1992 von Jerry Busse), 11651 County Road 12, Wauseon, Ohio 43567, USA
- Herstellung 2007
3. Kaufdatum & Neupreis
- 12/2008: $450,- (plus Versandkosten und Zolleinfuhrsteuern); Neupreis 2007: $452,-
Beeindruckt von der brachialen Klingenbreite, und den dennoch relativ kompakten Abmaßen, sowie dem wunderschönen Design musste ich dieses Messer unbedingt haben. Das dicke Anniversary Steel Heart (ASH) war mein erstes Busse, und sollte nicht das letzte bleiben.
4. Technische Daten
- Gesamtlänge: 320 mm (12.6”)
- Klingenlänge: 161 mm (6.34“)
- Schneidlänge: 145 mm
- Klingenhöhe: 47 mm (1.85″)
- Klingenstärke: 8,3 mm (0.33“)
- Klingenform: Drop-Point
- Klingenfinish: double cut (satin, gestrahlt, damaliger Aufpreis $80,-)
- Schliff: Konvex
- Fingermulde: Full Size Large Choil
- Stahl: INFI, HRC 58-60
- Lanyard-Öse: 6mm
- Griff: Magnum Textured
- Griffmaterial: G-10, black tan
- Grifflänge: 130 mm
- Griffbreite: 18,6-26,6 mm
- Gewicht Messer: 626 g
- Gewicht Scheide: 364 g (Leder)
- Gesamtgewicht mit Scheide: 990 g
- Modifikation: Paracord Handschutz
5. Praxis
Es ist schon ein ganz besonderer Moment, wenn man dieses Messer zum ersten Mal sieht, und in die Hand nehmen kann. Die Proportionen könnten einzigartiger, die Gesamtqualität höherwertiger nicht sein.
Über 8mm Klingenstärke bei „nur“ 16cm Klingenlänge sind ziemlich einzigartig, und entsprechen eher einem Keil, als einem Schneidwerkzeug. Dank Integralbauweise kann man die volle Klingenstärke auch noch im Griff bewundern.
Die zweifarbigen Magnum-Griffschalen (damaliger Aufpreis $75) liegen füllig und griffig in der Hand; dermaßen griffig, dass man bei festem Zupacken den Griffabdruck als Kopie in der Handinnenfläche hat. So schön und robust das G-10 auch ist, eine Schlagdämpfung findet hier nicht statt.
Trotz alledem ist es dennoch ein Messer mit einer Schneide, welche sehr scharf geschliffen werden kann. Passend zum Charakter der Klinge sollte der originale Konvex-Schliff beibehalten werden.
Um es überhaupt nutzen zu können (Busse Messer kommen ohne Scheide), habe ich mir eine passende Lederscheide gebaut. Und mit passend meine ich unter Anderem auch, passend zum Charakter dieses Stück Stahls. Meine Scheide ließt sich sowohl direkt am Gürtel als auch in Verlängerung am Oberschenkel tragen.
Die meisten Eigentümer dieses Messers (viele sind es bei dieser Rarität gewiss nicht) werden es wohl in einer Vitrine lagern, ich jedoch wollte es natürlich in der Praxis testen. Aufgrund des Gesamtgewichtes war es nicht mehr sonderlich am Gürtel zu tragen, eine Adaption an einem Ausrüstungsgegenstand wäre sinnvoller gewesen.
Theoretisch sind gut 600 Gramm durchaus zum Chopping geeignet. Nicht jedoch, bei der Kürze dieser Klinge, verbunden mit der enormen Grifflastigkeit des „fetten Stahlherzens“. Es ist hier wenig effektiv, und führt vor allem zu Schmerzen im Handgelenk.
Deutlich effektiver eignet sich der „Keil“ zum Batoning, d.h. zum Spalten mit Hilfe eines Schlaghammers bzw. Holzknüppel. Hier zeigt das ASH-1 wozu 8,3mm Klingenstärke gut sind. Nicht wirklich zum Brot oder Wurst schneiden, wohl aber zum Holzspalten. Kein anderes mir bekanntes Messer hat bei vergleichsweise kurzer Klinge eine derart hohe Spaltkraft. Die nächst größere Kategorie wäre dann mit 20cm Klingenlänge (bei ebenfalls 8,3mm Klingenstärke) und 700-800 Gramm Gewicht wohl die Modelle MOASH (Mother of all Steel Heart, 2004) und HOGFSH (Heavy Ordinance Grade Fusion Steel Heart). Darüber gibt es zwar längere Klingen, aber nicht mehr mit dieser gewaltigen Stärke.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob man ein Messer benötigt, mit dem man Eisenbahnschienen teilen könnte, und welches einen Beschuss mit Uranmunition aushalten würde? Im Ernst, diese Klinge ist schön anzusehen, ihr praktisch anwendbarer Bereich jedoch ist so schmal, wie andere Klingen im Vergleich dazu.
Stahl: Busse Infi vs. CPM-3V
Ohne Frage zwei hervorragende Stähle für stark beanspruchte bzw. größere Outdoor-Messer…mit jedoch charakteristischen Unterschied: Jerry Busse hat mit „seinem“ INFI einen guten Kompromiss aus Zähigkeit, Schnitthaltigkeit, Schärfbarkeit und Korrossionsbeständigkeit gefunden, während Crucible Industries LLC mit seinem pulvermetallurgischen CPM-3V den Fokus auf maximale Zähigkeit legt (welche man sich dafür mit nur mittelmäßiger Schärfbarkeit und Rostresistenz erkauft). Im direkten Vergleich bleibt ein Busse-Messer aus INFI zwar nicht so lange scharf, wie eine Klinge aus CPM-3V, lässt sich jedoch unterwegs wieder etwas leichter nachschärfen und rostet bei weitem nicht so schnell wie 3V. Zum Vergleich der Anteil der Legierungselemente: C – Kohlenstoff (INFI 0,50% – 3V 0,80%), Co – Kobalt (INFI 0,95% – 3V 0%), Cr – Chrom (INFI 8,25% – 3V 7,50%), Eisen – Fe (INFI 87,79% – 3V 87,65%), Mn – Mangan (INFI 0,40% – 3V 0%), Mo – Molybdän (INFI 1,30% – 3V 1,30%), N – Stickstoff (INFI 0,11% – 3V 0%), Ni – Nickel (INFI 0,74% – 3V 0%), V – Vanadium (INFI 0,36% – 3V 2,75%).
Bezüglich der Legierungselemente als Pendant zu INFI könnte man 1.2632 Stahl sehen, welcher jedoch Wolfram statt Vanadiaum besitzt. Ein in Europa produziertes Gegenstück mit den selben Eigenschaften wie CPM-3V könnte der Uddeholm Vanadis 4 sein: C= 1,5%, Cr= 8,0%, Mn= 0,4%, Mo= 1,5%, Si= 1,0%, V= 4,0%.
6. Positives
- extrem robust
- hoher Sammlerwert
7. Negatives
- relativ schwer
- sehr grifflastig
- Griff nicht schlagdämpfend
- wenig praktisch
8. Fazit
Brauchen tut man das dicke ASH-1 gewiss nicht, für die Praxis gibt es deutlich sinnvollere Messer, aber schön anzusehen ist dieses brachiale Stück Infi-Stahl allemal.