Outdoor-Stiefel 2


Autor: Dominik

Unsere Übersicht zu Outdoor-Stiefeln: Eine Zusammenfassung, welcher Stiefel für welchen Anwendungszweck der geeignetste ist, und worauf man achten sollte.

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1. Notwendigkeit

Für jeden Einsatzzweck gibt es einen passenden Schuh – die Wildnis verlangt nach Stiefeln. Natürlich läuft es sich in einem sportlichen Halbschuh entspannter und wohlklimatisierter (vor allem die Trailrunner werden sagen „schneller“), allerdings nicht bei jedem Wetter komfortabler, und unter schwierigen Bedingungen auch deutlich gefährlicher, erst Recht mit höherem Gewicht.

verschieden Arten von Stiefeln

Ein gesunder und trainierter Körper, sowie regelmäßiges Barfußlaufen auf unebenem Terrain, wirkt der asphalt-tpischen Degeneration von Bändern und Gelenken entgegen, und verlangt folglich auch nicht unbedingt einen unterstützenden Stiefelschaft. Die Praxis jedoch sieht so gut wie immer anders aus; evolutionstechnisch gesehen haben wir uns diesbezüglich keineswegs verbessert. Hinzu kommen die Gefahren, denen ein ungeschützter (auch trainierter) Fuß ausgesetzt ist, z.B. durch Flora und Fauna. Niemand möchte allein der Wildnis mit gebrochenem Knöchel oder aufgeschlitzter Ferse liegen bleiben; nur im besten Fall gibt es ein funktionierendes Handynetz und einen (teuren) Rettungshubschrauber. Eine schlechte Wanderausrüstung ist zudem höchst egoistisch, leidet unter den Folgen meist auch die gesamte Wandergruppe. Der Einsatz von Stiefel ist eine orthopädische Gradwanderung: man sollte es nicht übertreiben (und ausschließlich nur noch stützende Stiefel tragen), aber auch nicht damit sparen, wenn es notwendig ist.

2. Stiefelkauf

Jede Form von Schuhen, und ganz besonders Stiefel, sollten ausschließlich nachmittags oder abends (mit geschwolleneren Füßen) und nur mit authentischen Socken (z.B. dicker Schurwolle) anprobiert werden. Dann läuft man mit ihnen wirklich mehrere Meter durchs (gesamte) Geschäft, und nutzt nach Möglichkeit jede Form von Hindernissen wie Treppen oder künstliche Parcours; am besten gleich mit dem Zusatzgewicht eines beladenen Rucksacks.

Der Fuß sollte unter keinen Bedingungen vorn anstoßen (auch nicht beim Abwärtslaufen), und darf hinten auch nicht schlappen. Stiefel werden, abhängig von der Passform, i.d.R. eine halbe bis ganze Nummer größer als andere Schuhe gekauft. Die korrekte Schuhgröße erhält man durch Ausmessen der Fußlänge in Millimetern (teilweise im Schuh vermerkt), oder durch Aufstellen auf die Innen/Einlegesohle des Schuhs; hier sollte ungefähr eine Daumenbreite Luft zwischen großem Zeh und Sohlenspitze sein. Im Ausschlussverfahren ruhig die Nummern größer und kleiner anprobieren, um auf Nummer sicher zu gehen. Wer hier falsch kauft, riskiert seine gesamte Tour!

3. Kategorien nach Anwendungszweck

1976 führte die Firma Meindl das Kategoriensystem für den empfohlenen Einsatzbereich seiner Schuhe ein; später wurde dieses System auch von anderen Herstellern übernommen.

  • Meindl Hanwag A bzw. Lowa 5: Wanderschuhe für Alltag, Freizeit, Reise auf guten Wegen. Eigenschaften: weich und bequem.
  • Meindl / Hanwag A/B bzw. Lowa 4: Wanderstiefel (oder höhere Wanderschuhe) für leichte Wanderungen im Flachland und Mittelgebirge auf guten bis weniger guten Wegen. Eigenschaften: fester, höherer Schaft.
  • Meindl / Hanwag B bzw. Lowa 3: Trekkingstiefel für anspruchsvolle Wanderungen im Mittelgebirge sowie leichtes Trekking auch auf schlechten Wegen. Eigenschaften: stabiler Schaft, torsionsteife Sohle, Gummirand
  • Meindl / Hanwag B/C: Schwere Trekkingstiefel für anspruchsvolles Trekking auch bis ins Hochgebirge auf schlechten Pfaden und Klettersteigen. Eigenschaften: steiferer Schaft, steifere Sohle, bedingt steigeisenfest.
  • Meindl / Hanwag C bzw. Lowa 2: Bergstiefel für Touren im weglosen Hochgebirge und auf Gletschern. Eigenschaften harte Sohle, fester Schaft, steigeisenfest.
  • Meindl / Hanwag D bzw. Lowa 1: Berg- und Expeditionsstiefel für weglose Eis- und Extremtouren. Eigenschaften: komplett steife Sohle, harter Schaft, gefüttert, absolut steigeisenfest.
Stiefel-Kategorie
Stiefel-Kategorie

4. Innenfutter: Leder vs. Textil

Sehr oft ist ein Lederinnenfutter einem Textilfutter vorzuziehen, es gibt nur wenige Ausnahmen. Leder ist komfortabler, und bei guter Qualität und entsprechender Pflege auch langlebiger. Im Sommer ist es sehr atmungsaktiv, und auch im Winter bekommt man bis knapp unter dem Gefrierpunkt keine kalten Füße (Wollsocken vorausgesetzt).

Lederfutter Stiefel
Lederfutter Stiefel
Lederstiefel

Nässe muss ebenfalls keine Einschränkung bei Lederstiefeln sein, man kann auch mit ihnen durch flache Bäche waten; nur stehende Feuchtigkeit (z.B. lange Sümpfe) mögen sie nicht unbedingt. Ist der Lederstifel allerings ersteinmal durchgeweicht, dauert es deutlich länger, bis dieser wieder trocken ist.

Lederstiefel trocknen während der Fahrt

Textilien wie z.B. Gore-Tex-Membranen schützen vor Außennässe, trocknen schneller, und sind vor allem billiger in der Herstellung, weil im Prinzip unbegrenzt verfügbar; außerdem muss man sich hier keine Gedanken um den Tierschutz machen. Dafür jedoch ist der Komfortbereich eines Membran-gefütterten Stiefels deutlich schmaler, und erstreckt sich hauptsächlich über kaltes als auch trockenes Klima. Denn die Polytetrafluorethylen-Membran (ePTFE) benötigt zur Funktion ein ausreichend großes Dampfdruckgefälle. D.h. außerhalb der Kleidung muss es wesentlich kälter und trockener sein, damit die Wasserdampfmoleküle von innen nach außen diffundieren können. Ein GTX-Stiefel eignet sich also vor allem für kühlere und kalte Regionen oder einem Terrain, in dem mit viel Nässe zu rechnen ist. Ist es nur feucht oder nur warm (beides zusammen wäre verheehrend), funktioniert die Membran nicht mehr entsprechend gut, und man bekommt Schweißfüße.

Gore-Tex-Futter Stiefel
Gore-Tex-Futter Stiefel
Gore-Tex Stiefel

5. Wander- und Trekkingstiefel

Zu “Wanderstiefeln” zähle ich Stiefel der Kategorie B, welche für die meisten Anwendungszwecke genügen. Die spürbar steiferen Modelle der Kategorie B/C kommen vor allem auf Trekkingtouren mit höherem Rucksackgewicht als auch im Hochgebirge zum Einsatz. Da wir weder Steigeisen nutzen, noch Gletscherexpeditionen unternehmen, scheiden Kategorie C und D für meine Anwendungszwecke aus. Kategorien A bietet mir nicht den notwendigen Schutz, und auch bei Kategorie A/B fehlt teilweise der nötige Halt abseits befestigter Wege.

Wanderstiefel
klassische Wanderstiefel

Leder als Obermaterial ist schwerer als Nylon, aber auch robuster und bietet vor allem mehr Halt. Ein umlaufender Gröllschutzband bewahrt das Leder vor Beschädigungen, mindestens am Hacken und an der Spitze sollte dieser Gummischutz vorhanden sein. Grundsätzlich sollten alle Stiefel über eine geeignete bzw. dem Anwendungszweck entsprechende Sohle verfügen; die Firma Vibram fertigt hier die zuverlässigsten Profile. Reine Schlechtwetter-Stiefel bzw. Stiefel für überwiegend nasses Terrain (z.B. Jagdstiefel) sollten einen deutlich höheren Schaft haben.

Wanderstiefel
Wanderstiefel
Jagdstiefel
Jagdstiefel

Im Gegensatz zu Stiefeln von vor 25 Jahren läuft man sich heute in aktuellen Modellen nicht mehr zwangsläufig die Füße wund, die Einlaufphasen (wenn überhaupt noch vorhanden) sind deutlich kürzer geworden. Bei empfindlichen Füßen und/oder langen Touren mit höherer Belastung ist Hirschtalgsalbe nach wie vor ein gutes Mittel um Problemen vorzubeugen.

6. Wüsten- und Tropenstiefel

Diese Stiefel sind speziell auf den Einsatz bei sehr warmer bis heißer Witterung abgestimmt, ein membranfreies Textilfutter bietet maximale Luftzirkulation. Warum man in der Wüste keine Sandalen tragen sollte, wird einen spätestens beim der ersten Sichtung von Schlange und Skorpionen bewusst, oder wenn die massive Stahlkarkasse des Autoreifens von einem Dornengewächs durchbohrt wurde.

Wüstenstiefel
Wüstenstiefel

Wer weiß, wie sich ein sommerlicher Marsch in ABC-Schutzausrüstzung der Bundeswehr anfühlt, kann sich in etwa vorstellen, wie geeignet ein Goretex-Stiefel in der heißen Wüste ist. Vorsicht ist auch bei vielen Modemodellen geboten, welche mit ihrer Sandfarbe und einem entsprechenden Namen Wüstentauglichkeit vorgaukeln, aber tatsächlich zu nicht mehr als einem Strandspaziergang am Mittelmeer taugen. Aussagekräftig ist hier nur die Klassifizierung, wobei hier auch schon Kategorie A-A/B ausreichend sein kann.

7. Dschungelstiefel

Eine Sonderform des Tropenstiefel ist der Dschungelstiefel. Diese sind zwar ähnlich aufgebaut, ihr Einsatzbereich jedoch beschränkt sich auf feuchtes und schlammiges Terrain. Im Gegensatz zum wasserdichten Membranstiefel, geht man hier davon aus, dass der Fuß in jedem Fall nass wird, und Wasser demzufolge durch Drainageöffnungen leicht abfließen muss. Diese Stiefel besitzen also neben der sehr grobstolligen Profilsohle vor allem ein nur dünnes, und schnell trocknendes Material. Damals waren sie ausschließlich in schwarz oder grün erhältlich, heute gibt es sie auch in Sand- und Brauntönen. Da sie weder über ein ausgeklügelten Dämpfungs- und Komfortsystem oder besonders teure Materialien verfügen, sind sie entsprechend preisgünstig. Sicher sind sie ein Nischenprodukt, mit einem herkömmlichen Wanderstiefel wird man jedoch im Regenwald nicht lange Freude haben.

8. Polarstiefel

Noch seltener als Heißland-Stiefel kommen für den Mitteleuroäer höchstwahrscheinlich Kälteschutzstiefel für Polarregionen zum Einsatz; nicht zu verwechseln mit unseren gebräuchlichen Winterstiefeln. Zwar bieten auch die bekannten Hersteller Hanwag, Lowa, Meindl und Haix warm gefütterte Stiefel an, allerdings sind das meistens, verglichen mit den echten Polarstiefeln, eher Modelle gegen kalte Füße auf dem Weihnachtsmarkt. Für seriöse Schneeschuhwanderungen und Polarlichtsafaris bei Temperaturen unter -30°C oder auch bei der winterlichen Ansitzjagd kommen fast nur Modelle der Marken Baffin und Kamik (beides kanadische Hersteller) in Frage.

Mit einem Baffin Control Max (bis -70°C) können sie noch recht angenehm laufen (mit einem Evolution noch besser), ein Baffin Apex (bis -100°C) allerdings taugt aufgrund des hohen steifen Schaftes zu nicht viel mehr als Eisangeln oder einer Schneemobiltour. Diese Schuhe besitzen alle einen herausnehmbaren dicken Thermo-Innenschuh, welcher wärmer hält als die bei uns gängigen Lammfellfutter und den man praktischerweise auch als Hüttenschuh verwenden kann. Die Sohle besitzt eine relativ weiche Gummimischung, das Profil ist eis- und schneegripp-orientiert, die Stollen sind teilweise bespikebar. Auch wenn diese Stiefel tatsächlich nur sehr einfach aufgebaut, und oft noch billiger (meist in China) hergestellt sind, ist ihr Preis von allen mir bekannten Stiefeln am überzogensten.

Polarstiefel
Baffin Evolution vs. Control Max
Polarstiefel
Baffin Evolution vs. Control Max
Polarstiefel
Baffin Evolution vs. Control Max

ps. alle hier gezeigten Stiefel habe ich natürlich auch in einzelnen Reviews vorgestellt.

Video zum Beitrag

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2 Gedanken zu “Outdoor-Stiefel

  • walter knobloch

    servus aus österreich !
    ERSTMAL-HUT AB vor deinen leistungen und wiefiel energie du in deine videos steckst,wie genau du alles beschreibst-ich find es genial !
    auf grund eines video von die hab ich mir den lundhags jaure high gekauft-da ich keine sprunggelenke mehr habe benötige ich einen sehr steifen stiefel. jetzt hab ich den stiefel ca. 80 km eingelaufen und bin sehr zufrieden,auch dein tipp mit dem waxen ist sehr gut da er schön steif bleibt.
    NUN MEINE FRAGE; welche dicken socken kannst du mir zu diesem stiefel empfehlen ???
    ich danke dir im vorhinein und mach weiter so !!! Gruß knopf aus der steiermark

    • Dominik

      Hallo Walter, Vielen Dank für Dein anerkennendes Lob, und auch Hut ab, dass Du etwas gekauft hast, was ich offiziell noch gar nicht vorgestellt habe:-) Ich hoffe, Du kommst mit dem steifen Aufbau der Lundhags zurecht! Als Wandersocken trage ich ausschließlich Smartwool, entweder die dicken Heavy Crew oder bei Kälte auch die ganz dicken Mountaineering Extra Heavy Crew. Bei Problemschuhen (und auch im polaren Winter) würde ich immer zwei Paar Socken übereinander tragen. Bei den Lundhags empfiehlt sich ein dünner Liner, und darüber eine dickes Paar. Zu Socken wird es noch einmal ein Video geben, den entsprechenden Beitrag dazu würde ich dann vorher noch einmal aktualisieren: https://backcountry-expeditions.com/16/11/2015/tests-and-reviews/smartwool-socks/
      Beste Grüße in die Steiermark, Dominik