Autor: Dominik
Kleidung ist Mode, unterliegt immer einem bestimmten Trend. Dennoch, und trotz allem Fortschrittes bleibt die Erkenntnis, dass natürliche Textilfasern gegenüber den synthetischen entscheidende Vorteile bieten.
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1. Textile Fasern
Textile Fasern, also Fasern, die sich in textilen Fertigungsverfahren (z.B. Spinnen) verarbeiten lassen, werden in Naturfasern und Chemiefasern unterteilt.
Zu den Naturfasern gehören u. A. pflanzliche (Baumwolle, Flachs, Hanf, Jute, Bambus, etc.) und tierische (Wolle, Seiden, Fellhaare).
Chemiefasern u. A. aus natürlichen Polymeren (d.h. auf Zellulosebasis wie Viskose und Lyocell und aus synthetischen Polymeren (Polyacryl, Polypropylen, Polyester, Polyamid [Nylon, Perlon], Polyurethan [Elastan, Spandex, Lycra], Polyethylen, Aramid, etc.) hergestellt.
Textilien können aber auch nicht textile Rohstoffe wie Leder und Federn beinhalten; die verpflichtende Kennzeichnung „enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“ hat wohl jeder schon einmal gelesen.
2. Chemische Fasern
Bei Textilfasern auf Zellulosebasis, d.h. aus natürlichen Polymeren denken wir nicht unbedingt daran, dass es sich auch um Chemiefasern handelt, aber auch sie werden in technisch-chemischen Verfahren künstlich hergestellt. Viskose beispielsweise kann mit unterschiedlichen Eigenschaften erzeugt werden: flüssigkeitsspeichernd, schwerentflammbar, farbfest oder hochfest. Modal ist eine modifizierte festere Viskose und ähnelt in ihren Eigenschaften sehr der Baumwolle. Ebenso Lyocell (Markenname Tencel), welches sich jedoch deutlich umweltverträglicher herstellen lässt und in ihrer Festigkeit die gängigen Viskosefasern übertrifft. Aufgrund der höheren Feuchtigkeitsabgabe von Lyocell fühlen sich diese Textilien angenehm kühl an; oft wird sie daher mit anderen Fasern wie Baumwolle, Viskose, Polyester, oder auch Merinowolle gemischt.
Chemiefasern aus synthetischen Polymeren, d.h. hergestellt aus Erdöl, Erdgas, Kohle und Wasser, weisen die uns bekannten Eigenschaften auf, wenn wir an den Begriff Kunstfaser denken:
Vorteile:
- hohe Reiß- und Scheuerfestigkeit, dadurch gute Haltbarkeit
- niedriges Gewicht
- pflegeleicht, d.h. einfaches Waschen, schnelles Trocknen, laufen nicht ein, knittern kaum
- einfache und kostengünstige Produktion
Die Eigenschaft der geringen Feuchtigkeitsaufnahme wird oft als Vorteil beworben, weil die Kleidung dadurch schnell trocknet bzw. trocken aussieht. Allerdings unterstützt diese Eigenschaft nicht das natürliche Thermomanagement, d.h. die Körperabkühlung durch Verdunstung; demzufolge muss der Körper deutlich mehr schwitzen. Dass speziell im Sport- und Fitnessbereich ausgerechnet die Synthetik überwiegt (die zudem auch noch schnell unangenehm riecht) erscheint in meinen Augen besonders grotesk.
Nachteile:
- hitzeempfindlich und leicht brennbar
- hohe elektrische Aufladung, dadurch Anziehen von Schmutz und Staub
- starkes Pilling
- müssen aufgrund von Verschmutzung und Gerüchen im Vergleich zu tierischen Fasern öfter gewaschen werden
- schlechte Umweltbilanz bzw. keine Nachhaltigkeit
3. Pflanzliche Fasern
Pflanzliche Fasern können aus Samen, Bast, Blatt und Frucht von zahlreichen Pflanzen gewonnen werden. Auch wenn es hier viele interessante Arten mit unterschiedlichsten Eigenschaften und Verwendungen gibt (wer wusste schon, dass der bekannte nervige Pappelflaum [„Pappelschnee“] die weltweit feinste hohle Textilfaser aus 100% Cellulose mit einer hohen Wärmeisolation und Wasserdampfaufnahme-und Abgabe ist?), möchte ich hier speziell nur auf die beiden bekanntesten eingehen: Baumwolle und Leinen.
Leinen
Leinen wird aus den Stengeln der Flachsfaser gewonnen, zählt zu den Bastfasern und ist mit ca. 30.000 Jahren Geschichte einer der ältesten Textilrohstoffe der Welt. Der Begriff „Leine“ stammt übrigens vom Leinen des Flachs und weist auf seine bekannteste Eigenschaft, die hohe Stabilität hin. Es wird nicht nur zur Textilverarbeitung, sondern auch für viele weitere Anwendungen genutzt (Leinen, Seile, Dämmstoffe, Naturfaserverbundstoffe z.B. in der Automobilindustrie).
Vorteile:
- hohe Reißfestigkeit
- langlebig
- glatt und flusenfrei
- natürlicher Glanz und Stärke
- guter Wärmeleiter, schließt nur wenig Luft ein, wirkt kühlend auf der Haut
- saugt wenig Feuchtigkeit auf, trocknet schnell
- fast antistatisch, damit wenig schmutzanfällig
- von Natur aus bakterizid
- pflegleicht (unempfindlich beim Waschen gegenüber Chemie und Temperaturen)
Nachteile:
- wenig elastisch
- knittert leicht
- reibungsempfindlich (weniger scheuerfest als Baumwolle)
- nur schwierig zu färben, daher meist in hellen Farben erhältlich
- nicht geeignet für Wäschetrockner (trockene Hitze)
Baumwolle
Baumwolle wird aus den Samenhaaren der Pflanzen der Gattung Baumwolle (Gossypium) gewonnen, gehört damit zu den Samenfasern. Sie hat sich gegenüber Leinen aufgrund der unkomplizierteren Produktion und vor allem seit der Perfektionierung ihrer maschinellen Verarbeitung als billigeres Massenprodukt durchgesetzt. Allerdings verschlingt die Produktion normaler Baumwolle riesige Mengen an Wasser (ca. 2000 Liter für ein T-Shirt), und es werden sehr hohe Mengen an Mineraldünger und Pestiziden eingesetzt. Baumwolle ist das landwirtschaftliche Produkt mit dem weltweit höchsten Einsatz an Chemikalien und trägt erheblich zum weltweiten Anstieg von Kohlenstoffdioxid beiträgt (ca. 9kg CO² auf ein T-Shirt).
Bettdecke und Kopfkissen mit Bio-Baumwolle als Außenmaterial kostet in etwa 30% mehr als handelsübliche Baumwolle. Bei der Produktion GOTS-zertifizierter Baumwolle (Global Organic Textile Standart) kommen keine Pestizide, Insektizide, Fungizide, Kunstdünger, Entlaubungsmittel und nur mechanische und biologische Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmittel zum Einsatz. In der Baumwollvorbehandlung kein Ammoniak, keine Chlor- und chlorierte Kohlenwasserstoffverbindungen und keine optischen Aufheller; Bleichen erfolgt nur auf Sauerstoffbasis. Bei Färbung und Druck wird auf Metallomplex- und AZO-Farbstoffe, Formaldehyd, Ätz- und Benzindruckverfahren verzichtet, womit allergische Wirkungen ausbleiben. Zudem soll GOTS mit fairem Handel und ausreichender Entlohnung auch sozialverträglicher sein; es gibt keine Kinder-, Zwangs-, Sklaven- oder Gefängnisarbeit, dafür menschenwürdige Arbeitsbedingungen, Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen.
Vorteile:
- hohe Feuchtigkeitsaufnahme (bis zu 1/3 ihres Eigengewichtes)
- hohe Schmutz- und Ölaufnahmefähigkeit
- hautfreundlich (kratzen nicht, geringes Allergiepotential)
- besonders in nassem Zustand sehr reißfest
- pflegeleicht: gut zu waschen, färben, bleichen, filzt nicht
- kein Pilling
- keine elektrostatische Aufladung
- beständig gegen Hitze und Laugen
Nachteile:
- lange Trockendauer
- nicht besonders elastisch
- knittert schnell
- schlechte Umweltbilanz (außer Bio-Baumwolle)
4. Tierische Fasern
Wolle, Haare und Seiden spielen vor allem für wärmende Bekleidung eine große Rolle, aber auch sonst rechtfertigen ihre praktischen Eigenschaften den Kauf dieser nachwachsenden Rohstoffe.
Seide
Seide von Seidenspinnern, Spinnen und Muscheln besteht aus langkettigen Eiweißmolekülen und ist die einzige in der Natur vorkommende Endlosfaser; ein Kokon kann 800-3000m lang sein und hat in etwa 50km Reißlänge. Im Verhältnis zu ihrer vergleichsweise nur geringen Stärke besitzt eine sehr hohe Zugfestigkeit von 350-600 MPa bzw. N/mm², was in etwa dem Wert von herkömmlichem Baustahl entspricht. Aus einem Kilogramm Seide bzw. 3000 Kokons des Seidenspinners erhält man ungefähr 250g Seidenfaden.
Vorteile:
- hoher natürlicher Glanz und Glätte, weich fließender Fall
- knittert nur wenig
- elastisch und fest
- tolles Tragegefühl
- isolierende Wirkung
- bis zu 30% Wasseraufnahme ohne sich nass anzufühlen
- nach Färbung brilliante Farbintensität
Nachteile:
- empfindlich gegenüber Schweiß, hohen Temperaturen, Sonneneinstrahlung, Abrieb, Säuren und Laugen sowie Wasserflecken
- formempfindlich in nassem Zustand
- aufwendige Gewinnung und dementsprechend hoher Preis
- aufwendige Pflege: Seide darf nicht gebleicht, nur von Hand und mit speziellen Reinigungsmitteln oder milden Seifen gewaschen, nicht ausgewrungen und nur leicht und in feuchtem Zustand von links gebügelt werden.
Haare
Edelhaare von Kaschmir-Ziege (Flaum- und Grannenhaare, fälschlich Kaschmir-Wolle genannt), Kamel (Flaumhaar), Yak (Unterwolle) und Alpaka zeichnen sich durch eine sehr hohen Tragekomfort aus. Durch die Tierquälerei in China ist das Angorakanninchen hingegen zum Glück etwas in Verruf geraten und die Nachfrage nach diesem ebenfalls weichen Haar (leichteste Naturfaser überhaupt) dementsprechend gesunken. Im Vergleich zur Schafwolle besitzen Edelhaare eine nur halb so hohe Schuppenkantenhöhe, auch unterscheiden sie sich in Anzahl, Länge und Charakteristik der Schuppen. Daher fühlen sich solche Edelhaare bei gleichem Durchmesser weicher und glatter als Wolle an. Da die Gewinnung von Edelhaaren relativ mühsam und der Ertrag vergleichsweise gering ist, werden sie oft mit anderen Fasern gemischt, so zum Beispiel die Kaschmirwolle mit Merinowolle.
Vorteile:
- weiches Tragegefühl
- gute Isolationseigenschaften
- wasserabweisend
- Alpaka ist Lanolinfrei und für Wollallergiker geeignet
Nachteile:
- selten und teuer in der Herstellung
- nicht strapazierfähig
- aufwendig in der Pflege
Wolle
Als Wolle werden ausschließlich die Haare vom Schaf bezeichnet, diverse Rassen geben unterschiedliche Wollarten. In der Menschheitsgeschichte ist die erste Nutzung von Wolle auf ungefähr 3000 v. Chr. datiert. Normale Schurwolle eignet sich sehr gut als zweite oder dritte Bekleidungsschicht (z.B. Loden und Tweet) und vor allem als Füll- und Isolationsmaterial (Decken und Schlafsäcke). Fasern der Merinowolle sind feiner und flexibler als die der herkömmlichen Schurwolle, reizen damit keine Nervenenden in der Haut, tragen sich sehr angenehm und eignen sich daher perfekt als erste Bekleidungsschicht bzw. zur Herstellung von Unterwäsche.
Im Vergleich zur zellulosen Pflanzenfaser sind die Faserproteine der Wolle anfälliger gegen chemische Schädigungen und ungünstige Umgebungsbedingungen. Auch verlieren sie entgegen den Pflanzenfasern im nassen Zustand bis zu 1/4 ihrer Zugfestigkeit.
Vorteile:
- natürliche Thermoregulationseigenschaften, Wolle wärmt oder kühlt wenn es darauf ankommt
- hohe Wärmeisolation (bezogen auf ihr Gesamtvolumen bestehen Wollwaren bis zu 85% aus Luft), selbst in nassem Zustand
- mögliche Wasseraufnahme bis zu 1/3 des Trockengewichtes, ohne sich dabei nass anzufühlen
- Wolle riecht von Natur aus nicht und nimmt auch weniger Fremdgerüche an, sie kann sowohl länger getragen (weniger Wäschen bedeutet auch weniger Umweltbelastung) als auch leichter von Gerüchen befreit werden
- schmutzabweisend
- antibakteriell
- antistatisch
- elastisch
- knitterfrei
- schwer entflammbar
- nimmt Farbe leicht an und ist sehr farbbeständig
- durch die geringe Dichte ist eine Produktion sehr leichter Stoffe möglich
- traditionelle Wollsocken-Halswickel: In den stinkenden Wollsocken, die man mit ungewaschenen Füßen in Schuhen getragen hat, bilden sich nach tagelangem Tragen Antibiotika
Nachteile:
- geringe Reiß- und Scheuerfestigkeit
- neigt zum Pilling (durch Verfilzung der dachziegelartigen Faser-Schuppenstruktur gegeneinander)
- kann kratzen (abhängig von Wollart und Verarbeitung)
- pflegeintensiv: darf nur kalt und mit speziellen Reinigungsmitteln gewaschen werden (empfindlich gegenüber Laugen)
- anfällig gegenüber Mottenfraß
Pflegetip: Wie üblich wasche ich jegliche Woll-Kleidungsstücke ausschließlich mit sanftem Bio-Woll-Waschmittel von Hand und regeneriere die Woll-Funktion nach einer gewissen Wäscheanzahl mit einer Wollkur. Trocknen lasse ich die Wäsche draußen an der Luft (außer bei Frost) und grundsätzlich im Schatten. Aufgrund der lang-anhaltenden Geruchsneutralität bei Wolle können (und sollten) die Wäscheintervalle in großzügigen Abständen gewählt werden. Somit erreicht man eine maximale Haltbarkeit und kann sich auch über mehrere Jahre an den Vorteilen dieser Unterwäsche erfreuen.
Tierschutz & Mulesing
Um bei Merinoschafen den Befall mit Fliegenmaden zu vermeiden, kommt immer noch das besonders grausame Mulesing zum Einsatz. Ein Verfahren, bei dem man dem Tier ohne jegliche Betäubung mit einem heißen Schneideisen die Hautfalten in der Afterregion wegschneidet. An diesem vernarbtem Gewebe kommt es dann nicht mehr zum unerwünschten Schädlingsbefall, welcher für das Tier durch Entzündungen vermutlich nicht viel weniger schmerzhaft wäre. Heiß-feuchtes Klima begünstigt zudem den Madenbefall; paradoxerweise werden Merinos hauptsächlich in genau solchen Regionen gehalten. Im Merinoproduktionsland Nr.1 Australien sollte Mulesing, wie bei uns, eigentlich schon längst verboten werden, wurde aber trotz damaligen Boykotts durch große Hersteller nicht konsequent umgesetzt (nur teilweise in Neuseeland), angeblich fehlt es an sinnvollen Alternativlösungen. Dass es am Ende sicher nur eine Kostenfrage ist, dürfte klar sein, denn lokale Betäubungen und effektive Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen sind sowohl arbeits- als auch kostenintensiver als auch ein heißes (Folter)Werkzeug. Daher haben sich einige Hersteller dazu verpflichtet, ausschließlich mit Merinofarmen zusammen zu arbeiten, die kein Mulesing anwenden. Ob Woolpower, Icebreaker, Smartwool, Ortovox, Bergans, Mammut, usw. tatsächlich garantieren können, von welchem Schaf die verwendete Wolle stammt, ist allerdings fraglich. Ähnliches kennt man bereits von der Daunenproduktion bzw. dem damit verbundenen verabscheuungswürdigen Lebendrupf in Osteuropa und Asien. Neben der Verstümmelung bleibt auch oft das Problem, wohin mit den Tieren, wenn ihre Rentabilität abgelaufen ist. Qualvolle Langzeittransporte per Schiff nach Afrika, auf denen zahlreiche Schafe unter grausamsten Bedingungen elendig verenden sind leider immer noch an der Tagesordnung.
5. Thermomanagement und Geruch
Als gleichwarmer Säuger schwitzt der Mensch um nicht zu überhitzen, der Schweiß entzieht dem Körper bei Verdunstung überschüssige Wärme. Auch wenn dieser Schweiß von uns als unangenehm empfunden wird, so hat er doch seine Berechtigung und es macht eigentlich keinen Sinn, ihn möglichst schnell vom Körper wegzutransportieren (womit oft geworben wird). Intelligenter wäre es, um die Kühlung des Körpers zu unterstützen, die Feuchtigkeit für die Dauer des ABkühlungsprozesses zu speichern, ohne dass sich die Kleidung übermäßig nass anfühlt. Vor allem hier punktet die Wolle. Zudem besitzt sie durch ihre natürliche Kräuselung eine wesentlich höhere Gesamtoberfläche, enthält damit enorm viel Luft, und bietet somit besten Isolationsschutz gegen Kälte. Gleiches vermag Leinen im Sommer: die Flachsfaser nimmt nur wenig Feuchtigkeit auf und leitet Wärme sehr schnell ab. Beides vermag keine Kunstfaser.
Bakterien auf unserer Haut (vor allem an bestimmten Körperregionen) verstoffwechseln die ursprünglich nicht riechenden Bestandteile unseres Schweißes zu unangenehm riechenden Fettsäuren. Wolle wirkt von Natur aus antibakteriell, gibt dem Schweißgeruch dadurch weniger Chancen, zudem nimmt sie unabhängig davon auch weniger andere Gerüche an. Ein Fleece-Shirt kann man nach einer Nacht am Lagerfeuer nur noch mit chemischen Reinigunsmitteln wieder wohlduftend bekommen, einer Lodenjacke genügt eine Nacht an der frischen Luft um wieder neutral zu riechen. Egal was einige Hersteller mit bestimmten Imprägnierungen (Aktivkohle, Silber, etc.) versprechen, jede Kunstfaser stinkt bei körperlicher Belastung bereits nach relativ kurzer Tragezeit. Während auf einer zweiwöchigen Trekking-Tour tatsächlich nur zwei Unterwäsche-Sets aus Merinowolle genügen, müsste man, um nicht zu stinken das mehrfache an Kunstfaser oder auch Baumwolle mitschleppen. Mit einem durchgeschwitzten Shirt aus Schurwolle kann man sich durchaus auch noch mit anderen eine Hütte teilen. Wie es ohne diese riecht, weiß jeder, dem das Essen in Anwesenheit eines schweißdurchtränkten Camp-Nachbarn schon einmal vergangen ist.
6. Nachhaltigkeit und Verantwortung
Der Mensch konnte sich im Laufe der Evolution unter anderem an die Spitze der Nahrungskette stellen, indem er den Planeten auf dem er lebt, mehr oder weniger rücksichtslos ausbeutet. Genau wie Nahrung zum Überleben, benötigt er natürlich auch Kleidung zum Anziehen; deren Rohstoffgewinnung sowie Produktion oftmals ähnlich gewissenlos und wenig nachhaltig abläuft. Sowohl bei Chemiefasern als auch bei pflanzlichen Naturfasern kommen giftige Stoffe zum Einsatz, und auch an immer noch zu vielen Daunen oder Wollfasern klebt mehr oder weniger Blut vom produzierenden Tier. Vermeintlich nachhaltig sinnvolle und ethisch unbedenkliche Siegel sollen zumindest etwas Seriösität suggerieren und Vertrauen zum Konsumenten aufbauen. Allerdings ist es mit normalem Aufwand schlichtweg unmöglich, alle schwarzen Schafe zu entlarven und auf jedes Produkt eine lückenlose “Reinheits-Garantie” zu geben. Der Endverbraucher kann jedoch zumindest seinen eigenen gesunden Menschenverstand benutzen und Dinge kritisch hinterfragen. So lässt zum Beispiel ein günstiger Produktpreis alles andere als auf eine artgerechte Tierhaltung, menschenwürdigen Umgang oder generell auf eine umwelt- und sozialverträgliche Produktion schließen. Jeder Kauf hat auch etwas mit Verantwortung zu tun, und man sollte weder Lohndumping, Menschenhandel, Tierquälerei, Umweltzerstörung noch andere Gräultaten fördern, die unserem Planeten und damit letztendlich auch uns selbst schaden. Für Kleidung gilt, wie auch bei allen anderen Konsumgütern: WAS ist drin, WOHER kommt es, WIE wurde es gewonnen und WELCHE Folgen ergeben sich daraus für WEN.
7. Meine privater Kleiderschrank
Nachdem ich mich jahrelang mit diesem Thema beschäftigt und viel Erfahrungen mit outdoor-tauglichen Textilien gesammelt habe, musste ich den für mich besten Kompromiss bzw. eine in meinen Augen sowohl praktische als auch ethisch-vertretbare Lösung finden. Aus meinen Überlegungen haben sich zwei essentielle Schlussfolgerungen ergeben:
- Ich tendiere zum Prinzip des Minimalismus, d.h. weniger ist mehr. Das was ich nun weniger habe, muss dafür aber um so hochwertiger und länger haltbar sein, um weiterhin allen Ansprüchen gerecht zu werden. Wenn etwas kurzlebiges in Frage kommt, muss es 100% biologisch abbaubar, d.h. in kurzer Zeit kompostierbar sein.
- Mindestens 3/4 meiner gesamten Kleidungs-Textilien soll ausschließlich aus Naturfasern „ehrlicher Hersteller“ bestehen. Es bleiben dann immer noch genug Ausrüstungsgegenstände aus Chemiefasern (z.B. Rucksäcke, Zelte, Isomatten, Boot, etc.) für die es in meinen Augen noch keine ebenbürtigen „sauberen“ Alternativen auf dem Markt gibt.
Aktuell steht es um meine Kleidung folgendermaßen:
- Meine erste Bekleidungsschicht, d.h. Unterwäsche, T-Shirts, Strümpfe, Pyjama besteht zu 90% aus Merinowoll- und Wollmisch-Geweben. 10% entfallen auf stark beanspruchte Arbeitsshirts aus Baumwolle und alte Baumwollsocken, die ich noch auftrage, solange sie eben halten.
- Meine Pullover bestehen alle zu 100% aus Merinowolle, meine Hemden aus Merinowolle, Seide und Leinen.
- Hosen sind mangels sinnvoller Alternativen nach wie vor aus Baumwolle, Biobaumwolle oder Baumwoll-Polyester-Mischgeweben.
- Ungeführ 1/3 meiner Jacken besteht aus Wolle oder Wollmischgeweben, der Rest noch aus Synthetik; mein Ziel sind jedoch mindestens 50% aus Wolle zu haben (Spezialbekleidung gegen Nässe u.Ä. bleibt alternativlos künstlich).
- Badehosen sind nach wie vor leider nur aus Chemiefasern synthetischer Polymere erhältlich; glücklicherweise beschränkt sich dies auf ein Stück, was viele Jahre im Einsatz ist.
- Das Futtermaterial meiner polaren Winterbekleidung als auch meiner Schlafsäcke besteht aus ethisch vertretbar gewonnenen Daunen (über die vom Hersteller angegebenen Aufzuchtbetriebe habe ich mich informiert bzw. einen davon sogar selbst aufgesucht).
- Meine Winterbetten sind mit Schurwolle und Daunen gefüllt, die Außenhüllen aus Bio-Baumwolle, mein Sommerbett besitzt Kamelhaarflausch als Füllmaterial.
- Meine universellen Decken bestehen aus 100% Schurwolle, nur für die Hunde brauche ich noch Restbestände alter Polyesterdecken auf.
- Neue Bettwäschebezüge beziehe ich nur noch aus Leinen.