Autor: Dominik
Der Multiboy LZ 251 ist ein robuster und zuverlässiger Lebensmittelzerkleinerer aus DDR-Zeiten, welchen ich bis zu seiner ersten Benutzung gehörig unterschätzt hatte. Hier gibt es die ultimative Übersicht sämtlicher Multiboy-Modelle, sowie auch den Vergleich LZ 251 vs. LZ 251/1.
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Video zum Beitrag: https://youtu.be/AALyY05RCLw
1. Produkt
universeller Lebensmittelzerkleinerer
2. Unternehmen
- VEB Elbtalwerk Heidenau, Rudolf-Breitscheid-Straße 29, 01809 Heidenau, Sachsen (Marke AKA electric)
- Krania Kabel Stecker, Kraichfelder Bahnhofstraße 16, 99448 Kranichfeld, Thüringen
- Made in GDR (Deutsche Demokratische Republik)
- Unternehmensgeschichte:
- 1918 Gründung einer Maschinenfabrik und Dreherei GmbH durch Max Baumgürtel in Heidenau
- 1919 Elbtalwerk-Maschinenfabrik GmbH
- 1921 Elbtalwerk-Elektrizitäts AG Heidenau
- 1946 VEB Elbtalwerk Heidenau (Gleichstrommaschinen, Kohletagebauausrüstungen, Elektro- und Dieselloks sowie Reisezugwagen, Kraftwerksausrüstungen und Werkzeugmaschinen)
- 1970 VEB Kombinat Elektromaschinenbau Dresden
- 1990 VEM Elbtalwerk Heidenau GmbH
- 1998 Produktionsende
Im Gegensatz zur Westdeutschen DIN waren die „Technische Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen“ in der DDR verbindlich einzuhalten, und in der 12500 war ganz genau beschrieben, was dieses Gerät alles können musste, d.h. welche Lebensmittel in welcher Menge und welchem Maß zu zerkleinern seien.
3. Kauf
- 09/1984: 145,-Mark (Preisniveau 12/2022: 20-40,-€)
Zu DDR-Zeiten war er als erster eigenständiger Lebensmittelzerkleinerer sehr begehrt, und nur schwer erhältlich; vermutlich aus deshalb besaßen wir damals „nur“ ein paar Rohkostaufsätze für den RG28s. Daher war es natürlich meine „Pflicht“, dieses geschichtliche Defizit unbedingt nachzuholen, und mir auch einen originalen Multiboy zuzulegen (30,-€). Die Auswahl an Gebrauchtgeräten war erstaunlicherweise so groß, dass ich sogar noch ein Modell mit Originalverpackung, Anleitung und Kassenbeleg aus 1984 in praktisch neuwertigem Zustand erwerben konnte! Später habe ich mir zum Vergleich dann noch seinen seltenen Nachfolger LZ251/1 zugelegt.
4. Spezifikationen
Multiboy-Varianten
Bei privaten Verkäufen werden heutzutage die Modellbezeichnungen nicht selten falsch angegeben, so wird z.B. der LZ 251 sehr oft als LZ 250 angeboten, und ein LZ 252 als LZ 251. Geschuldet dürfte dies auch der teilweise verwirrenden Originalverpackung, sowie der praktisch nicht vorhandenen Gerätekennzeichnung sein. Für meinen LZ 251 wurde eine Originalverpackung des LZ 250 genommen, und die „250“ einfach mit einer „251“ über-stempelt. Aus planwirtschaftlicher Sicht (als auch der Nachhaltigkeit) macht das gewiss Sinn, wenn man noch zu viele ungenutzte Verpackungsetiketten eines alten LZ 250 hat.
LZ 250
Begonnen hatte die Produktion des Multiboy Ende der 1970er Jahre mit dem LZ 250. Dessen Anwenderfreundlichkeit war jedoch durch die fest integrierte Arbeitsschale, sowie das nur mit seltenem Spezialwerkzeug (weißer Kunststoffhaken mit rotem Schieber) herausnehmbare Hackmesser, etwas eingeschränkt. ZU unterscheiden auch an seinen 4 Gummifüßen (später dann 3), sowie der Boden-Kennzeichnung „LZ 250“ unter der Zeile „VEB Elbtalwerk Heidenau“. Originalverpackung: blaues Etikett auf Pappkarton.
LZ 251
Anfang der 1980er Jahre wurde der LZ 250 dann durch den LZ 251 ersetzt, welcher zwar von außen gleich aussah, jedoch die Typbezeichnung des LZ 250 am Boden nicht mehr besaß, d.h. an selber Stelle nur ein „überdruckter“ Balken zu finden ist. Stattdessen wurde relativ provisorisch mit Heißstempeln das „LZ 251“ zusammen mit dem Produktionsdatum eingebrannt. Die Motorwelle war nun verlängert, Messer und Arbeitsschale konnten damit leicht herausgenommen werden (und sind nicht mit den Teilen des LZ 250 kompatibel). Der LZ 251 ist unter den Multiboys heute am meisten auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich. Originalverpackung: rotes Etikett auf Pappkarton (wie Bedienanleitung).
LMZ 252
Mitte der 1980er Jahre wurde parallel zum LZ 251 auch der LZ 252 angeboten, welches eine zusätzliche Drehzahlregulierung (Potentiometer) am oberen Rand besaß, sonst aber baugleich ist. Der LZ 252 ist relativ selten, und mir nicht in der üblichen Farbe Gelb bekannt (nur hellgrau und beige); auch hier wurde auf dem Gehäuseboden eine ursprüngliche Typkennzeichnung offensichtlich „überdruckt“. Originalverpackung: weißes Etikett mit rotem Stern „electronic“.
LZ 251/1
Ende der 1980er Jahre (ca. 1989) erschien der LZ 251/1, welcher nun etwas flacher und auch ein wenig breiter war. Erreicht wurde dies durch eine Überarbeitung des Motors, der nun erstmals 650 Watt leistet. Arbeitsschale und Deckel sind baugleich zum LZ 251 / LZ 252, das Hackmesser besitzt jedoch eine andere (4-fach Schwalbenschwanz) Aufnahme. Der LZ 251/1 war der erste Multiboy, der unter der DDR-Marke „AKA electric“ angeboten wurde. Originalverpackung: rotes Etikett auf Pappkarton (wie Bedienanleitung).
LZ 2000
Als letzter Multiboy kam, ebenfalls Ende der 1980er Jahre, der LZ 2000 in komplett neuem Design, mit drei Schaltstufen (0 – 1 – 2) per seitlichem Schalter, und diversen Aufsätzen und Schneidmessern zur Rohkostverarbeitung (Welle und Hackmesser analog zum LZ 251/1). Technisch betrachtet vereint der LZ 2000 die Merkmale des LZ 252 (verschiedene Drehzahlen) und die des LZ 251/1 (höhere Leistung), und stand ebenfalls unter der DDR-Marke „AKA electric“. Erstmals jedoch bestand das weiße Gehäuse nun aus einem härteren spröderen Kunststoff, welcher üblicherweise zur unschönen Vergilbung neigte, d.h. bräunlich anlief.
Ähnliches
Ein Multiboy-ähnliches Gerät in Westdeutschland war z.B. der Braun Multiquick 4250 mit 800 Watt Leistung, oder die französische Moulinex Typ 32002 (Moulinette) mit 700W. Während solche Geräte jedoch oftmals mit Defekten angeboten werden (meist gerissene Kunststoffgehäuse), befinden sich die Multiboys meist noch in funktionsfähigem Zustand.
Technische Daten
Bisher konnte ich leider noch nicht alle Daten in Erfahrung bringen, bleibe jedoch am Ball;-)
LZ 250 | LZ 251 | LMZ 252 | LZ 251/1 | LZ 2000 | |
---|---|---|---|---|---|
Leistung | 500 W | 500 W | 500 W | 650 W | 650 W |
Spannung | 220 V / 50 Hz | 220 V / 50 Hz | 220 V / 50 Hz | 220 V / 50 Hz | 220 V / 50 Hz |
Schaltdauer | S3 / 50% / 30s | S3 / 50% / 30s | S3 / 50% / 30s | KB 30s | – |
Maße | 23 x 15 cm | 23 x 15 cm | 23 x 15 cm | 19,5 x 16,5 cm | – |
Gewicht | – | 2.060 g | – | 1.640 g | – |
Farben | gelb, orange | gelb, orange, beige, weiß | hellgrau, beige | weiß | weiß |
Hackmesser: Bestell-Nr. HSL EVP | 3900000206 / 665150058188 / 7,40M | – | 3900100105 / 66515005822 / 10,35M | – | – |
Bedienanleitung
5. Praxis
LZ 251
Aus dem Elbtalwerk Heidenau stammt übrigens auch einer meiner über 250 kg schweren Doppelschleifböcke zur Metallbearbeitung. Dieses Gerät ist praktisch kugel- wenn nicht sogar bombensicher, und dürfte auch in 100 Jahren noch laufen. Wenn sich auch optisch keine Gemeinsamkeiten zeigen, so fiel mir zuerst dennoch das relativ hohe Gewicht des Multiboy auf. Weil von außen nur Kunststoff, hätte ich nicht geglaubt, dass der Häcksler gut 2kg wiegt. Wie jedoch bei meinen anderen DDR-Geräten üblich, dürfte innen eine massive Eisenspule mit großer Kupferwicklung sitzen.
Bei der kinderleichten Bedienung wurde mir dann klar, warum das Gerät eigentlich gar nicht leichter sein darf… und auch wozu die drei großen Gummifüße wichtig sind. Beim Drücken auf den Deckel (Taster außen am Rand), springt der Motor sofort von Null auf volle Drehzahl; sanfter Anlauf Fehlanzeige. Es gibt nur Null oder 100%, dazwischen nichts. Die Bremsschaltung führt dazu, dass sich der Multiboy selbst beim Loslassen des Deckels (Schalters), und trotz rutsch-hemmender Füße, ein Stück weiter dreht. Daher behält man das Gerät am besten fest in den Händen: Ballen auf den Deckel, und Finger unter den umlaufenen breiten Kranz (dazu ist er da!). Alternativ lässt er sich auch freihand halten, und bei Bedarf schütteln, so dass auch alles gleichmäßig zerkleinert wird, und nichts an den Wänden hängen bleibt.
Ein Mixer ist mit diesem Motor nicht ansatzweise zu vergleichen, und ein Bund Kräuter in weniger als einer Sekunde feingehackt, eine handvoll Nüsse ebenso. Wäre die Messerklinge nicht so „weich“ bzw. bestünde diese aus einem hochwertigeren Werkzeugstahl, und die Schale nicht „nur“ aus Kunststoff, würde dieses Gerät vermutlich auch Stahlkugeln pulverisieren. Und da ist sie dann wieder, die Gemeinsamkeit zu meinem 1,20m hohen bombensicheren Doppelschleifbock, der auch vor keinem noch so harten Material zurückschreckt.
Das Funken im Innern des Gehäuses, sichtbar durch einen kurzen Lichtblitz, beim Loslassen des Schalters, ist laut Herstelleranleitung ganz normal, und ein Qualitätsmerkmal für die einwandfreie Funktion. Heutzutage dürfte man solche brand-gefährlichen Produkte vermutlich nicht mehr in Verkehr bringen, der Multiboy jedoch stammt noch aus einer Zeit, wo man Lebensmittel tatsächlich zubereitet, und nicht nur aus der Plastikverpackung eines Supermarktregals genommen hat. Wäre es nicht schon das schlichte Messer, wäre der Multiboy genau DAS Gerät für den Mann in der Küche. Diese Höllenspule „Junge“ zu nennen, gleicht schon einer ziemlich dreisten Verharmlosung! Die Bedienung bei Dunkelheit ist eine wahre Freude, bei all den Lichtblitzen kann ich gar nicht aufhören alles mögliche in Sekundenbruchteilen zu zerkleinern; inklusive dem was eigentlich gar nicht zerkleinert werden muss. Die Bedienung des Multiboy macht einfach nur Spass, und in der Folge das Kochen gleich noch mehr.
LZ 251/1
Weil mir der LZ250 so sehr gefiel, musste ich natürlich auch dessen Nachfolger den LZ251/1 ausprobieren, denn noch einmal 150Watt mehr Leistung in einem kompakteren Gehäuse klangen sehr interessant. Der LZ 251/1 wurde offensichtlich nur selten bzw. kurzzeitig produziert, dementsprechend rar war das Angebot an funktionstüchtigen Gebrauchtgeräten.
Äußerlich und auch bezüglich des Hackmessers befand sich mein Gerät in einem guten Zustand, offensichtlich jedoch wurde es zuvor einmal überfüllt, so dass scheinbar Soße durch die Schalter (einzige Lücke) in den Innenraum gelaufen war. Nach einer Reinigung war dann auch dieser Multiboy wieder einsatzbereit. Während sich die Kohlebürsten beim Vorgänger noch sehr einfach wechseln lassen, macht das neue Baukonzept den Zugang nun etwas komplizierter.
LZ 205 vs. LZ 251/1
Das höhere Gewicht des LZ250 ist für eine feste Stand eigentlich gar nicht so verkehrt, durch mehr schlanke Höhe jedoch tendierte dieser Multiboy etwas mehr zum Kippen, als der flachere und breitere LZ251/1.
Dass die 400g Gewichtsdifferenz nicht am Gehäuse liegen können, war von Anfang an klar, jedoch hätte ich nicht gedacht, dass ein leichterer Motor selber Bauart 150 Watt mehr Leistung bringen soll. Bei genauer Betrachtung fällt jedoch auf, dass nicht der Motor selbst des LZ250 schwerer ist, sondern nur dessen Einbaurahmen. Diesen hat man beim LZ251/1 durch Kunststoffbauteile ersetzt, und zusätzlich die Eisenspule minimal im Durchmesser vergrößert, sowie auch den Kupferdraht im Durchmesser. Der LZ251/1 läuft jedoch (wenn überhaupt) nur minimal schneller, was in der Praxis jedoch bei der eh schon hohen Geschwindigkeit zu vernachlässigen ist.
Die Hackmesser sehen zwar optisch gleich aus, besitzen jedoch eine andere Aufnahme, wie auch die Kunststoffwelle des Antriebs. Während der LZ250 noch einen klassischen Vierkant hatte, kam der LZ251/1 nun mit einer Art 4-Kant-Schwalbenschwanzführung. Geblieben sind die drei Schalter für den Deckel, ebenso sind Einsatz und Deckel identisch.
Die Geschwungene Form der Hackmesser ermöglicht effektivstes Schneiden, den Stahl jedoch hat man leider nicht verbessert. Es ist praktisch die selbe Klinge wie auch schon zuvor, nur aufgenietet auf einer anderen Kunststoff-Führung.
Ebenfalls geblieben ist das Defizit der heiß-laufenden Messerwelle, wodurch sich bei Kontakt deren Kunststoff mit dem des Deckels derart erwärmt, dass diese zu schmelzen beginnen. In der Folge brennt die sich verkürzenden Welle ein Loch in den Deckel. Offenbar war dieses Problem bereits bekannt, wenn der Deckel besaß an dieser Stelle eine kleine Verstärkung aus Kunststoff, welche jedoch nicht genügte, und ebenfalls wegschmort. Ein Loch im Deckel ist zwar keine Tragik, denn es ist ja nur ein Schutzdeckel, dennoch ist es unschön.
6. Positives
- einfach zu bedienen
- leichtes Säubern
- leistungsstark
- zuverlässig
- Freude-bringend
- reparabel (Kohlebüsten)
- nachhaltig
- große Auswahl an Gebrauchtgeräten
- Made in Germany
7. Negatives
- Messerstahl nicht für harte Lebensmittel geeignet bzw. zu weich (z.B. für Nüsse)
- Schutzdeckel schmort durch Hackmesserwelle durch
- neue Ersatzklingen sind sehr selten
8. Fazit
Harmlos im Anschein, gewaltig im Auftreten, und absolut bissig bei der Arbeit. Auf den ersten Blick traut man es ihm nicht zu, und auch beim zweiten Hingucken tut sich kein noch so müdes Zucken auf. Sobald man ihn jedoch bedient, zeigt der Multiboy was in ihm steckt! Ein rustikaler Eisenmotor beißt sich durch alles, was sich überhaupt an Essbarem in der Küche finden lässt. Die Klingen fliegen in einem Zyklon durch sämtliche Lebensmittel, und lassen Schneidarbeiten zu einem wahren Kinderspiel werden. Dieses Gerät macht einfach nur Freude, und einzig sein bescheidener Klingenstahl beschränkt die Schnitthaltigkeit. Der Multiboy dürfte eigentlich in keiner Küche fehlen, und es ist mir ein Rätsel, warum auf dem Gebrauchtmarkt überhaupt noch so viele Geräte vorhanden sind. Vermutlich halten die Leute den Abrissfunken fälschlicherweise für einen Defekt, oder können das Monster auch einfach nicht bändigen? Ein F40 zum Preis eins Fiat Uno bedeutet, ein wirklich lohnenswerter Geheimtip!