Autor: Dominik
Das Rollei Lion Rock Traveler M Carbon besticht als hochwertiges Reisestativ mit durchdachten Ausstattungsdetails.
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1. Produkt
stabiles, mittelkompaktes Reisestativ
2. Unternehmen
- Rollei GmbH & Co. KG (Gründung 1920), In de Tarpen 4, 22848 Norderstedt, Deutschland
- die Stative werden vom chinesischen Unternehmen Fotopro exklusiv für Rollei hergestellt
- Fotopro Ltd., No. 1, Shuguang Road, Tanzhou Town, Zhongshan, Guangdong (bei Macau), China
3. Kauf
- 05/2021: 400,-€ (UVP 900€)
Weil mir mein Rollei Compact Traveler No. 1 nicht mehr genügte, musste etwas stabileres her. Das zuvor kleine Stativ war zwar angenehm leicht und sehr kompakt, jedoch nicht für regelmäßige Outdoor-Anwendung mit hochwertiger bzw. relativ schwerer Kameraausrüstung ausgelegt: es war etwas zu klein und oft zu instabil, der Kugelkopf bot nicht immer genügend Halt, die Schnellwechselplatte nicht genügend Klemmung, und zudem besaß es keinerlei Dichtungen (siehe Fotos am Ende dieses Beitrages). Mit dem praktisch 400 Gramm schwereren und theoretisch 9 Mal (!) so teuren Lion Rock Traveller Carbon M sollten diese Mängel nun der Vergangenheit angehören.
4. Spezifikationen
- Material: Aluminium, Kohlefaser-Kunststoff (Carbon)
- Packmaß: 43,5 cm
- Gewicht Stativ: 1202 g / mit Kugelkopf: 1555 g
- Höhe minimal: 20 cm
- Höhe ohne Teleskopierung: 55 cm
- Arbeitshöhe ohne Mittelsäule: 128 cm
- Höhe maximal mit ausgezogener Mittelsäule: 154 cm
- Traglast: Stativ 15 kg / Kugelkopf 15 kg
- Maße Kugelkopf: 82 x 47 mm
- Gewicht Kugelkopf: 352g
- Stativbeindurchmesser: 25, 22, 19, 16 mm
- Schnellwechselplatte: 41 x 40 mm
- Gewicht Tragetasche: 304 g
- Farbvarianten: schwarz, silber
- Seriennummer: 2005024002
5. Praxis
Das Lion Rock ist spürbar hochwertig verarbeitet, und wie bei Reisestativen üblich, sind die Beine, um ein möglichst geringes Packmaß zu ermöglichen, um 180° klappbar. Das trotz der Gesamtgröße, des guten Beindurchmessers und der hohen Tragkraft von 15kg dennoch relativ leichte Gesamtgewicht von 1,5kg kommt vor allem durch die Verwendung von 11-lagigem Carbon zustande.
Beine & Schulter
Obwohl Carbon im Gegensatz zu Metall Metall nicht über die unangenehme Eigenschaft verfügt, dass man im Winter mit den Händen daran festfriert, besitzen alle drei Stativbeine praktische Gummierungen, welche vor allem auch einen sicheren Griff beim Tragen gewährleisten.
Die Schnellschraub-Drehverschlüsse der Beine sind angenehm griffig, und lösen sich mit einen spürbaren Druckpunkt; die Bedienung macht wirklich Freude. Zum Öffnen der Teleskopierung brauchen (und sollten) diese nur eine viertel Umdrehung geöffnet werden, was realistisch wirklich nicht viel ist. Die untersten Beinsegmente besitzen Markierungen mit 5cm-Abständen, was die Ausrichtung des Stativs erleichtern soll.
Gegen das Eindringen von Schmutz sind die Drehverschlüsse innen doppelt gummiert. Allerdings ist die schmutzblockierende Wirkung dennoch nur verhältnismäßig gering. Feiner Sand zum Beispiel dringt dennoch bis in das Gewinde vor, weshalb man auch dieses Stativ (wie alle anderen auch) zerlegen und reinigen sollte, stand es direkt in kritischen Medien.
Die Stativfüße stehen im steilsten Beinanstellwinkel circa 90 Grad nach unten, was die Standfestigkeit erhöhen kann. Hinter den Gummipropfen (vorrangig für ebenen Untergrund) befinden sich Stahl-Spikes, welche auch auf widrigem Untergrund (z.B. im Matsch oder auf Eis) hohe Standfestigkeit bieten.
Am 3/8-Zoll-Gewinde in der Stativschulter lassen sich Zubehörprodukte wie beispielsweise ein Schwanenhals montieren. Und zum Ausrichten des Stativs steht neben der Wasserwaage an der Schnellwechselplatte ebenso eine Nivellierlibelle an der Stativschulter zur Verfügung.
Kugelkopf & Wechselplatte
Der Panorama-Kugelkopf ist an seiner Unterseite mit einer Grad-Einteilung ausgestattet, und wird über ein 3/8 Innengewinde mit der Basisplatte der Stativschulter bzw. deren Mittelsäule verbunden.
Über den seitlichen Panorama-Verriegelungsknopf erfolgt die Fixierung des drehbaren Kugelkopfes. Mit der Friktionsschraube lässt sich die Dämpfung des Kugelkopfes einstellen, d.h. der Widerstand entsprechend des Kameragewichtes. Dies verhindert zum einen das Abkippen der Kamera, als auch, dass die Hauptverriegelungschraube so nur relativ wenig gedreht werden muss. Als Störend wird jedoch die relativ leichte, und dadurch auch gern unbeabsichtigte Verstellung der Friktionschraube wahrgenommen. Der Flügel der Hauptverriegelungschraube ist entsprechend seiner Position einstellbar; dazu wird dieser einfach gegen seinen Federwiderstand herausgezogen, auf Wunschposition gedreht, und wieder losgelassen.
Die Arca-Swiss kompatible Schnellwechseleinrichtung besitzt statt einer üblichen automatischen Fixierung mit Schnappvorrichtung eine Drehfixierung mit einem kleinen Sicherungsknopf, welcher gedrückt werden muss, um die Fixierung der Schnellwechselplatte soweit aufschrauben zu können, dass sie entfernt werden kann. Damit wird ein versehentliches Lösen der Platte verhindert. Allerdings kann die Erreichbarkeit des Sicherungsknopfes mitunter schwierig sein, wenn er sich im oberen Bereich der Schraube befindet, weil dann in diesem Fall die Kamera darüber steht.
Die Schnellwechselplatte besitzt zwei hervorstehende Schraubenköpfe, die das seitliche Herausrutschen der Schnellwechselplatte beim Lösen der Schnellwechselplatten-Fixierungsschraube verhindern. Dieses System funktioniert zwar (etwas ungenau und wackelig), es gibt jedoch deutlich bessere. Zum Stativ bzw. Kugelkopf gehören übrigens zwei Schnellwechselplatten, dies ist wiederum sehr vorbildlich, nutzt man auch zwei Kameras.
Mittelsäule & Basisplatte
Durch die 265mm lange, aber teilbare Mittelsäule, lassen sich (mit entsprechend eingeschränktem Bewegungsraum) Aufnahmen nahe über dem Boden realisieren. Wie schon die Beine, ist auch die Trennung der Mittelsäule bzw. das Gewinde abgedichtet. Bei Nutzung des kurzen Stückes, sollte das lange mit dem gefetteten Gewinde entsprechend vor Dreck geschützt verstaut werden.
Auf dem oberen, d.h. kurzen Teil der Mittelsäule ist die Montageplatte angebracht; deren Zentralschraube besitzt sowohl einen 3/8-Zoll als auch einen 1/4-Zoll-Anschluss. Außerdem kann gegen unbeabsichtigtes Lösen durch je eine Inbusschraube sowohl die Basisplatte als auch der Stativkopf mit der Mittelsäule fixiert werden. Diese eine Schraube zum Stativ empfinde ich jedoch als zu wenig, besteht hier die vergleichsweise erhöhte Gefahr, dass sich der Kugelkopf vom Stativ lösen kann (zieht man diese Schraube zu fest, ist durch Verzug auch die Panoramafunktion blockiert). Andere Hersteller arbeiten hier beispielsweise mit drei Schrauben, und ggf. rüste auch ich noch zwei weitere Gewindebohrungen nach.
Im unteren Ende der Mittelsäule ist der Stativhaken zum Befestigen von Gegengewichten eingeschraubt, welcher zum Herausnehmen und Umdrehen oder auch Trennen der Mittelsäule herausgeschraubt werden muss.
Dieser Schraubeinsatz ist sowohl im eigenen Gewinde abgedichtet, als dass er auch die Mittelsäule in der Stativschulter abdichtet. Letztere wirkt vor allem durch ihr Design in Silber mit Edelstahlschrauben und Messingunterlegscheiben besonders edel.
Aufbewahrung und Transport
Wie auch schon bei meinem kleineren Rollei-Stativ gehört ebenso eine Transporttasche zum Lieferumfang dazu, nur ist diese etwas hochwertiger verarbeitet und vielseitiger tragbar. Außerdem lassen sich in ihrer kleinen Zubehörtasche die mitgelieferten Inbus-Schlüssel zum Nachziehen der Beinscharniere sowie zum Fixieren der Madenschrauben an der Mittelsäule als auch die zweite Schnellwechselplatte verstauen. Durch das breite Polster kann der Gurt sehr bequem über der Schulter getragen werden. Auch kann die Tasche mit dem unteren Gepäckriemen an anderen Gepäckstücken befestigt werden, um so während des Transportes die Hände frei zu haben. Aber auch ohne die Transporttasche kann das Stativ mit dem Gurt der Tasche offen über der Schulter getragen werden.
Modifikation Kugelkopf
Weil mir der originale Kugelkopf nicht wirklich gefiel bzw. ich schon bessere kannte, habe ich diesen gegen einen Sirui K-10X ausgetauscht.
Der Sirui wiegt zwar knapp 30 Gramm mehr, und passt farblich nicht mehr ganz so harmonisch zum Stativ, bietet jedoch dafür bei gleicher Traglast deutlich komfortablere Funktionen.
Leider stellte sich jedoch kurz vor einer geplanten Tour heraus, dass der neue Kugelkopf offensichtlich einen Defekt hatte (Kamera sackte unverhältnismäßig stark ab), und somit musste ich kurzerhand den größeren und 130g schwereren Kugelkopf gleichen Typs meines anderes Stativs montieren; Gesamtgewicht nun1.681g (ohne Schutzbeutel und Tasche). Die Beine lassen sich nun nicht mehr parallel zusammenfalten, aber das Stativ passt immer noch in die originale Tasche. Diese etwas unverhältnismäßige Konfiguration hat jedoch auch den Vorteil, dass sich der größere Kopf komfortabler bedienen lässt, und auch ein größeres Tele-Objektiv sicher hält. Zumindest für die Dauer der längeren Tour wird es so montiert bleiben, und ich schaue mal, wie ich damit zurecht komme.
6. Positives
- hochwertige Verarbeitung
- stabile Beine
- komfortable Drehverschlüsse
- abgewinkelte Spike-Füße
- komfortabler Kugelkopf
- Schulterplatte mit 3/2″ Gewinde und massiver Öse
- Mittelsäule verkürzbar (Makro) und mit Gegengewichtshaken
- griffige Schnellspannsicherungen
- zweite Wechselplatte
- zweiter Satz Gummifüße
- relativ praktischer Transportbeutel
7. Negatives
- Beine nicht schmutzdicht
- umständlich zugänglicher Sicherungsknopf der Schnellwechselplatte
- Friktionsschraube empfindlich für unbeabsichtigtes Verstellen
- Spannung der Beine löst sich mit der Zeit immer wieder
- recht hoher Preis
8. Fazit
Die Qualität dieses Stativs liegt im oberen Bereich, seine Ausstattung ist praxisorientiert, zudem sieht es auch noch ansprechend bis edel aus. Jedoch ist es nicht wie angegeben schmutzdicht, und der Kugelkopf könnte zweckmäßigere Funktionen aufweisen, zudem ist die UVP von einem etwas anderen Planeten.
9. Ähnliche Produkte
Vergleich Rollei Compact Traveler No. 1 vs. Lion Rock Traveler M Carbon
Du hast ja auch das Lion Rock Traveler M getestet, aber das S würde das perfekte Upgrade zum Compact Traveler bieten, hast du damit Erfahrungen? Es hat ein Packmaß von ca 7cm mehr, aber sollte deutlich mehr Stabilität aufweisen. Gewicht bin ich mir nicht sicher wie viel mehr das inkl Kopf ist
Hallo David!
Auch ich hatte einmal zum Lion Rock Traveler S tendiert, weil mir das M noch zu groß war. Weil ich mit vielen Kugelköpfen auf dem Markt nicht zufrieden war, bin ich dann komplett auf Novoflex umgestiegen. Hier nutze ich nur einen Kugelkopf für mein großes als auch mein kleines Stativ (der Kopf ist stabiler und kleiner als alle bisherigen); ich tausche also nur die Beine. Mit der kleinen Variante liege ich dann auch noch deutlich unter dem Traveler S. Demnächst wird auch dazu ein Review erscheinen.
Mein Gedanke für das Traveler M war, ein Stativ für alles zu haben, d.h. für Wanderungen im Rucksack als auch für zu Hause oder am Fahrzeug. Dies hat sich jedoch als schlechter Kompromiss herausgestellt; entweder war es zu groß oder zu instabil. Also bin ich wieder (wie schon zuvor) auf zwei Stative umgestiegen, und hier wie gesagt, das Novoflex Wechselsystem. Unabhängig vom individuellen Anwendungszweck finde ich sämtliche Rollei Kugelköpfe für ungeeignet (die Beine sind gut). Und wenn ich diesen dann für mich wechseln muss, besteht preislich kein Unterschied mehr zwischen einem China-Produkt und einem deutschen; daher vorerst kein Lion Rock mehr.
Solltest Du mit dem Traveler Kugelkopf zufrieden sein, dürfte das S für unterwegs die geeignetere Variante sein. Aufgrund des eher fragwürdigen Preis-Leitungs-Verhältnis würde ich Dir dann jedoch zum Kauf eines gebrauchten raten, da kann man die Hälfte sparen;-)
Beste Grüße, und viel Freude beim Fotografieren, Dominik