Die Wahrheit über Tubeless


Autor: Dominik

Seit nun mehr über 20 Jahren auf dem Markt, halten sich gewisse falsche Annahmen, sowie vor allem ganz bewusste Lügen, zum Thema schlauchloser Fahrradreifen mit Dichtflüssigkeit, weiterhin sehr hartnäckig. Natürlich vor allem auch, weil sich damit deutlich mehr Geld verdienen und Abhängigkeiten schaffen lassen. In der folgenden umfassenden Ausarbeitung stelle ich den sauberen PR-Lügen einige unbequeme Wahrheiten gegenüber.

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1. Historie

  • Luftreifen für Fahrräder kamen um 1890 auf den Markt, und waren die Vorlage für spätere Kfz-Reifen.
  • Während bei Autos die Schläuche später entfielen, um auch sicher höhere Geschwindigkeiten fahren zu können, waren sie bei Fahrrädern sowohl aufgrund der Speichenlöcher weiterhin notwendig, sowie auch weil herkömmliche Fahrradreifen nicht ausreichend zur Felge abdichteten.
  • Stan Koziatek (Stan’s NoTubes USA) vermarktete dann ab 2001 tubeless-Laufräder mit einer speziellen Dichtflüssigkeit. Vermutlich entstand diese Idee aufgrund des bereits zu diesem Zeitpunkt existierenden, und in den USA sehr populären Pannendichtmittels für Autos (ähnlich dem deutschen Reifenpilot).

2. Argumentation

Die angeblichen Vorteile von Tubeless-Systemen mit Dichtflüssigkeit, wie man sie überall, veröffentlicht von der Fahrradindustrie, gesponsorten Fachzeitschriften, bezahlten Influencern, schamlosen Verkäufern, sowie auch überzeugten Anhängern finden kann.

  • leichter, schneller, komfortabler, griffiger, pannensicherer
  • Aufgrund des Fehlens eines Schlauches, geringeres Gewicht, und damit geringere rotierende Masse als bei Schlauchreifen,
  • Keine Reibung zwischen Schlauch und Reifen, dadurch weniger Rollwiderstand.
  • Geringer Luftdruck möglich ohne Leistungseinbußen, dadurch mehr Fahrkomfort und Kontrolle; wobei dies oft so formuliert wird, dass problemlos ein geringerer Luftdruck als bei Schlauchreifen möglich wäre.
  • Weniger Durchschläge (Snakebites), und kein plötzlicher Luftverlust durch platzende Schläuche oder Ventilabrisse, sowie bei Pannenschutzflüssigkeit sich selbst-verschließende Einstiche, dadurch pannensicherer.
  • Maximale Performance. (was auch immer dies heißen soll)
  • Ideal geeignet für Rennrad, Trekking und Mountainbike.

3. Technik

Ein paar Fakten zum allgemeinen Verständnis von Luftreifen mit Schlauch.

  • Je stabiler ein Reifen aufgebaut ist, und je mehr Volumen er besitzt (breiter & höher), mit desto weniger Druck kann er gefahren werden, was dann (im Gelände) die Traktion erhöht.
  • Bei einer im Vergleich zum Auto nur filigranen Fahrradfelge und einem nur schmalen Reifen, erhöht ein Schlauch die Gesamtstabilität des Laufrades, und verbessert dessen Eigendämpfung.
  • Eine Felge ohne verstärkenden Schlauch muss, um die selbe Stabilität zu erreichen, stabiler (schwerer) aufgebaut sein (besonders bei dünneren Rennradfelgen).
  • Durch mehr Walk-Arbeit führt ein Schlauch aber auch zu einem erhöhtem Rollwiderstand (Luftdruck-abhängig), und bei sehr geringem Luftdruck (geringer als bei tubeless überhaupt möglich wäre) besteht die Gefahr des Reifen- und/oder Schlauchwanderns auf der Felge, und damit einem potentiellen Ventilabriss.
  • Hinweis: Die Verwendung von Schläuchen in Schlauchlosreifen ist bei Autos im öffentlichen Straßenverkehr verboten (teilweise üblich im Offroad-/ Expeditions-Bereich).
  • Die Pannensicherheit eines Reifens hängt in erster Linie ab von der Reifendicke, Dichte (TPI), Karkassengewebe, Gummimischung, Profil und Luftdruck; Einlagen im Reifen sind zweitrangig!

4. Komponenten

Folgend die Eigenschaften der für die bei Tubeless mit Dichtmittel verwendeten Komponenten.

Felgen

  • Tubeless-Felgen besitzen ein vergleichsweise schmales und tiefes Felgenbett, sowie für einen dichten Sitz des Reifens, ein deutlich erhöhtes Felgenhorn.
  • Felgen mit geringer Flankenhöhe, ohne Flankenhaken, und/oder mit Ösen im Tiefbett sind nicht für tubeless geeignet.
  • Nicht jede entsprechend der ETRTO-Größe Felge-Reifen-Kombination kann auch gefahren werden (beim Schlauchreifen hingegen schon).

Reifen

  • Kennzeichnung „Tubeless Ready“ (siehe Beitragsbild)
  • Alte und/oder poröse Reifen können mitunter nicht ausreichend abdichten, mitunter quillt dann bei Ihnen auch Dichtmittel raus.

Ventile

  • Tubeless-Ventile sind, u.A. auch weil sie durch das Felgenband gedrückt werden, anfälliger für Undichtigkeiten als Schlauchventile.

Felgenband

  • Das zu verklebende Felgenband, welches die Luftdichtigkeit herstellt, sollte ca. 2-4mm breiter als die Maulweite sein, damit auch alle Speichenbohrungen gut abgedeckt sind.
  • Teilweise muss, für eine bessere Montage, das Felgenband auch doppelt genommen werden.

Reifendichtmittel

  • Das Dichtmittel ist eine chemisch hergestellte Emulsion mit der verharmlosenden Bezeichnung „Dichtmilch“.
  • Laut Herstellern angeblich ohne aggressive Inhaltsstoffe, und meist biologisch abbaubar; tatsächlich jedoch geben fast alle Hersteller unseriöserweise keine genauen Inhaltsstoffe an.
  • recherchierte Bestandteile (vermutlich nicht vollständig):
    • Naturkautschuklatex (in Mono-Kulturen ehemaligen Tropenwaldes nachwachsender Gummi-Rohstoff)
    • Propylenglykol (Erdölderivat, hygroskopisch, emulgierend, als Feuchthaltemittel und Weichmacher in Cremes, Zahnpasta, sowie in Zigaretten zur Rauchmilderung (→ Krebsforschung)
    • Ammoniak (hält das Latex flüssig, ist gegenüber Aluminium korrosiv [Ventileinsatz, Speichennippel) und greift auf Dauer auch Reifen an [Maxxis: 30% Schwächung bereits nach wenigen Monaten], und ist für alle Lebewesen giftig)
    • abdichtende Elemente w.z.B. Kevlar, Carbon, weitere Kunststoffe (Mikroplastik)
  • Dichtflüssigkeit ist gesundheits- und umweltschädlich (Sondermüll), gelangt mindestens bei einer Panne unweigerlich in die Umwelt, sowie natürlich auch bei allen Wartungsarbeiten zusammen mit Tüchern und Lappen in den normalen Hausmüll.
  • Dichtflüssigkeit hinterlässt Flecken auf der Kleidung.
  • benötigte Menge: Rennrad ca. 50ml, Mountainbike ca. 100ml
  • Dichtflüssigkeit wirkt nur 2-6 Monate, trocknet dann aus (Verdunstung), und muss regelmäßig erneuert werden.
  • Dichtflüssigkeit dichtet bei Pannen (wenn überhaupt) auch nur kleine Schadstellen ab, und das mitunter nicht dauerhaft.
  • Die einwandfreie Funktion kann nur durch eine Stecknadelprobe überprüft werden (vorsätzliche Beschädigung!), da die aktuell sich im Reifen befindliche Menge ungewiss ist; vor allem nach längerer Zeit und bereits vorhandenen Beschädigungen (ständige Ungewissheit).
  • Ist also ein definitiver oder gar besonders hoher Pannenschutz gefordert, muss prophylaktisch nachgefüllt, oder auch alles komplett ersetzt werden.
  • Dichtflüssigkeit kann falsch angewendet werden, oder auch beim Einfüllen bereits abgelaufen sein.
  • Dichtflüssigkeit kann bei sehr hohen als auch niedrigen Außentemperaturen ihre Dichtwirkung verlieren.
  • Der Reifen sollte möglichst regelmäßig in Bewegung bleiben, und direkt nach der Monate (sofort) eingefahren werden (bei sehr leichten und dünnen Reifen ca. 20km).
  • Bleibt der Reifen länger ungefahren und/oder wird ohne Nachpumpen gelagert, kann er undicht werden

Druckluft

  • Das Aufpumpen ist anspruchsvoller, weil die Reifenwulst sehr schnell an die Felgenflanke gedrückt werden muss, wozu ein kräftiger Luftstoß notwendig ist (per Hochdruckpumpe mit Tire-Booster oder CO2-Kartuschen)
  • Ein Tire Booster hilft auch nicht immer, und CO2 kann sich ungünstig auf die Dichtflüssigkeit auswirken, da der hohe Druck zum Aufschäumen und Verklumpen führt.

Montage

  • Sehr unsaubere Arbeit (Schweinerei), Putzlappen und Reinigungsmittel sind notwendig.
  • Bei der Reifenmontage kann (wenn der Reifen zu locker sitzt) eine zusätzliche Lage Felgenband notwendig sein, oder (wenn sich der Reifen nur schwer auf die Felge ziehen lässt) ein Kompressor oder eine Vormontage mit einem Schlauch, damit dieser den Reifen in ca. 24h Wartedauer für die Tubeless-Montage entsprechend vorformt.
  • Der hohe Druck bei schmalen Rennradreifen führt oft auch zu einem unzuverlässigerem Sitz des Mantels auf der Felge, weshalb der Maximaldruck bei tubeless geringer ausfallen sollte, was wiederum den Rollwiederstand erhöht.

Defekte

  • Bei einem selbstständigen Verschluss durch das Dichtmittel, sollte das Rad weiter in Bewegung bleiben (was schwierig bis unmöglich sein kann)
  • Austretendes Dichtmittel kann sich bei Nässe auflösen, und damit nicht abdichten, ungeachtet das es sowieso nicht dauerhaft abdichtet (das Dichtmittel ist keine Kalt-Vulkanisation!)
  • Ein Defekt kann meist nicht so einfach unterwegs behoben werden, weil man all die dafür notwendigen Komponenten kaum mit führt, und bei einer Instandsetzung sich selbst als auch die Umwelt verschmutzt (völlig Wildnis-untauglich!)
  • Eine Reparatur oder ein Reifenwechsel ist, wenn die alte Flüssigkeit wieder restlos sauber entfernt werden muss, grundsätzlich deutlich aufwendiger.
  • Muss wieder ein Schlauch eingelegt werden (den man auch bei tubeless prinzipiell mitführen sollte), ist dies eine noch größere Schweinerei.
  • Eine Reparatur von außen ist, ähnlich wie auch bei anderen Reifen, durch einen selbstverklebenden / kaltvulkanisierenden Stopfen (Reifen-Salami) möglich, wobei jedoch die Schadstelle erst gründlich vom Dichtmittel gereinigt werden sollte.
  • Eine nur minimal verbogene oder gerissene Felge, kann bereits zu einer irreparablen Luftverlust führen; bei einem Schlauchreifen kann man damit mitunter weiter fahren.
  • Ein von außen plötzlich starker einwirkender Druck (z.B. bei einer Landung nach einem Sprung, oder ein unbeabsichtigt überfahrenes Hindernis) kann zum sofortigen Plattfuß führen (nicht zwingend bei Schlauchreifen).

5. Lüge vs. Wahrheit

Dingangs von der Fahrradindustrie genannten PR-Argumente (leichter, schneller, komfortabler, griffiger, pannensicherer), und ihre tatsächlichen Fakten – Lüge vs. Wahrheit.

  • leichter: Gewichtsersparnis von ca. 50g pro Reifen ist bereits bei einmaligem Nachfüllen mit Dichtmittel obsolet, zudem sämtliche zur Reparatur benötigten Hilfsmittel schwerer sind, plus dem Schlauch, welchen man sowieso dabei haben sollte → leichter NEIN! Lüge JA!
  • schneller: angeblich durch das geringere Gewicht (bereits entkräftet!) und den angeblich geringeren Rollwiderstand (keine Reibung Schlauch im Reifen), welcher allerdings nun durch das zähe Dichtmittel verursacht wird; unabhängig davon ist der Rollwiderstand in erster Linie Reifenabhängig, und nicht von dem sich im Reifen befindlichen Material → schneller NEIN! Lüge JA!
  • komfortabler und griffiger: angeblich durch einen geringeren Luftdruck, tatsächlich jedoch ermöglicht ein Schlauch einen deutlich geringeren Luftdruck sowie auch mehr Eigendämpfung → komfortabler/griffiger NEIN! Lüge JA!
  • pannensicherer: durch weniger Snakebites, und keinen plötzlichen Luftverlust durch platzende Schläuche oder Ventilabrisse, sowie bei Pannenschutzflüssigkeit sich selbst-verschließende Einstiche. Bei den einzigen beiden Snakebites in meinem Leben war auch sofort die Felge defekt, wo auch kein tubeless geholfen hätte; im Gegenteil, bei einem Unfall konnte ich nach dem Flicken des Schlauches mit krummer Felge nach Hause fahren. Einen beim Fahren plötzlich platzenden Schlauch, oder ein abgerissenes Ventil, hatte ich am Fahrrad noch nie gehabt; und ein Ventil kann auch bei tubeless abreißen. Bleibt einzig die teilweise selbst-abdichtende Wirkung bei einer Panne, wobei ich mit überdurchschnittlich robusten Reifen seit nunmehr 7 Jahren keinen einzigen Plattfuß mehr hatte. → pannensicherer JEIN! Lüge JEIN! (individuell)
  • für Rennrad, Trekking und Mountainbike: Ganz bestimmt nicht, mindestens fernab von zu Hause und länger unterwegs ist ein Schlauch praktischer. Gleiches gilt für die meisten Mountainbike-Anwendungen, natürlich entsprechend robuste Reifen und Schläuche vorausgesetzt (keinen Ultralight-Schrott!). → für alle Radtypen geeignet NEIN! Lüge JA!
  • Ergebnis: Fast alle dieser Aussagen der Fahrradindustrie entsprechen nicht der Wahrheit!

6. Zusammenfassung

  • Nahezu sämtliche mir bekannte veröffentlichte Berichte von Herstellern, Fachforen und Zeitschriften, Händlern und Verkäufern, ja sogar die meisten angeblich unabhängigen Erfahrungsberichte, entsprechend nicht den Tatsachen, sind schlichtweg gelogen, und lassen sich jederzeit unabhängig widerlegen.
  • Tubeless-Systeme sind, aufgrund mehr störanfälliger Einzel-Komponenten, auch anfälliger für Undichtigkeiten ohne Beschädigungen von außen (ein Schlauch hingegen ist dicht, solange er nicht durch äußere Einwirkung beschädigt wird).
  • Tubeless ist erheblich wartungsaufwendiger, und damit deutlich zeitintensiver (Schlauch-Wechsel 5min, Schlauch-Reparatur 15min, Tubeless-Ersatz 1h)
  • Tubeless ist teurer in der Anschaffung (Reifen, luftdichtes Laufrad, Tubeless-Ventil (=Schlauchkosten), Montageflüssigkeit, Dichtflüssigkeit, Hochdruckpumpe mit Tire-Booster [→ Video Niederdruckpumpe!] )
  • Tubeless ist teurer im Unterhalt (kostenlose Luft vs. Dichtmittel)
  • Tubeless verbraucht mehr Rohstoffe, und ist zudem auch noch erheblich umweltschädlicher.
  • Tubeless hat das Fahrradfahren komplizierter gemacht, und vor allem die Abhängigkeit zur Fahrradindustrie massiv steigen lassen.

7. Fazit

Fahrradfahren ohne einen dafür notwendigen Schlauch, wäre, wie auch beim Autofahren, vorteilhaft, und ein tatsächlicher Fortschritt. Die Verwendung eines Rohstoff- Umwelt- und Gesindheits-schädlichen, sowie teuren Dichtmittels mit mehr Nach- als Vorteilen jedoch, ist in der Summe betrachtet nichts weiter als dumm.

Aber genau darauf kommt es der Industrie ja auch an: dumme Konsumenten, die möglichst alles kaufen, was man ihnen schön redet. Willkommen im Konsumkapitalismus, wo es nicht mehr auf nachhaltig gute Produkte, dafür um so mehr auf eine überzeugende Produktkampagne ankommt.

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