Rassestandarts- und Merkmale


Autor: Dominik

1. Haushund

Die Domestizierung des Haushundes schätzt man zwischen 15.000 und 100.000 Jahren vor unserer Zeitrechnung. Wie verwirrend es ist, welche Rassen sich seitdem wie und wo entwickelt haben, sieht man gut am Beispiel des Weimaraners (siehe vorheriges Kapitel). Feststehen tut in jedem Fall folgendes: Der Haushund (Canis lupus familiaris) ist eine Unterart des Wolfes (Canis lupus), welcher zur Gattung der Wolfs- und Schakalartigen (Canis) gehört, deren Familie die Hunde (Canidae) sind, Überfamilie sind Hundeartige (Canoidea), Ordnung sind Raubtiere (Carnivora).

2. Lexikon-Definitionen

Um auf das Thema Rasse einzugehen, zuerst ein paar Definitionen aus dem Lexikon, welche dem allgemeinen Grundverständnis dienen sollen.

Eine Rasse ist eine biologische Kategorie, welche Individuen anhand ihrer Verwandtschaft zu Gruppen zusammenfast. Bei der Einteilung der Spezies Mensch ist mittlerweile eher der Begriff Ethie gebräuchlich, denn dessen Übergänge sind heute fließend (Sprache, Abstammung, Wirtschaftsordnung, Geschichte, Kultur, Religion, Gebiet). Nur Haustiere und Kulturpflanzen werden als Rasse einer Art bezeichnet, d.h. einer phänotisch und/oder geographisch abgegrenzten subspezifischen Gruppe, zusammengesetzt aus Individuen, die eine geographisch oder ökologisch definierte Region bewohnen und charakteristische Phänotyp und Gen-Sequenzen besitzen, die sie von ähnlichen Gruppen unterscheiden; Rasseanzahlen sind dabei willkürlich gewählt.

Die Gesinnung, welche aufgrund weniger äußerlicher Merkmale, die eine bestimmte Abstammung vermuten lassen, eine Rasse kategorisiert nennt man Rassisimus. Rassisten betrachten die eigenen oder festgelegten Merkmale grundsätzlich als höherwertig, während andere als geringwertig diskriminiert werden, Fremdenfeindlichkeit geht mit Rassismus einher. Mit dieser Überzeugung werden dann leider auch rasse-reinhaltende Handlungen wie Diskriminierung, Rassentrennung, Sklaverei, ethnische Säuberungen und Völkermord gerechtfertigt.

Zucht ist die kontrollierte Fortpflanzung mit dem Ziel genetischer Umformung, wobei gewünschte Eigenschaften durch entsprechende Zuchtauslese zum Verschwinden gebracht werden. Zucht also ist ein gezielter Eingriff des Menschen in den Genpol der Tiere. Inzucht ist die Verpaarung von zwei Tieren, die näher miteinander verwandt sind, als zwei zufällig aus der Population ausgewählte. Damit werden die Tiere immer einheitlicher, es sinkt jedoch auch der Genpool, wodurch die Tiere anfälliger für Krankheiten werden. Inzest bedeutet die Verpaarung von Verwandten ersten Grades, also Vater-Tocher, Mutter-Sohn, Schwester-Bruder; mit noch höherem Risiko „schlechte Gene“ zu vererben. Züchter möchten eine Rasse in ihrer Ursprungsform reinhalten und/oder durch Einkreuzung neue Rassen züchten. Für ein auch generationsübergreifendes langfristiges gutes Gelingen, d.h. keiner Vererbung von versteckten Problemen, sind fundierte Kenntnisse der Genetik (Mendelschen Regeln) unabdingbar.

Es liegt die Vermutung nahe, dass aus genetischer Sichtweise jede Zucht irgendwann in einer Überzüchtung und (anders als bei der natürlichen Evolution) durch genetische Armut zum Aussterben der gezüchteten Rasse endet. Mit böser Zunge könnte man auch sagen, was bei den Menschen der Rassismus ist, wird bei Tieren als (In)Zucht bezeichnet. Nun möchte ein Züchter verständlicherweise nicht als Rassist bezeichnet werden, was auch niemand tun würde. Wie aber nennt man jemanden, der nur seine eigenen Idealvorstellungen einer Hunderasse als reinrassig sieht, vehement gegen natürliche Variationen vorgeht, unmoralische Kreuzungen aufstellt und aus Würfen nicht erwünschte Welpen tötet? Tierquälerei wird, zumindest in Deutschland, nicht annährend so hart bestraft, wie Rassismus.

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3. Verbände und Vereine

Diverse Dachverbände regeln rassespezifische Festlegungen und stellen internationale (Zucht-) Standarts auf.

Die Fédération Cynologique Internationele (FCI), gegründet 1911 in Paris aus Verbänden aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Niederlanden und Österreich, ist der größte kynologische Dachverband und umfasst ca. 90 mitglieds- und Partnerländer. Die FCI dient dem Zweck, die Zucht und Verwendung von Rassehunden sowie die Kynologie und das Wohlergehen der Hunde weltweit zu fördern. Sie legt zusammen mit dem betreuenden Rasseverein des Ursprungslandes einer Rasse deren jeweiligen Rassestandart fest.  Neben der FCI gibt es u.A. noch den KC (britischer Kennel Club, 1873), AKC (American Kennel Club, 1884), CKC (Canadian Kennel Club, 1888) und den UKC (United Kennel Club, 1898). Zwar sind deren Rassestandarts für den Weimaraner recht ähnlich, aber nur im deutschen wird auf Verhalten und Charakter eingegangen.

Der VDH (Verband für das deutsche Hundewesen, 1949) als deutscher Mitgliedsverband beim FCI ist der größte Dachverband für Hundezucht und Hundesport in Deutschland.

1899 spaltete sich der damals heißende „Verband der Vereine für Prüfung von Gebrauchshunden zur Jagd) von der 1979 gegründeten DC (Delegierten-Commission) ab; heute umfasst der JGHV (Jagdgebrauchshundverband, 1937) als Dachverband alle Vereine zusammen, die durch Prüfung, Zucht und Ausbildungstätigkeit zur Bereitstellung brauchbarer Jagdhunde beitragen.

4. Weimaraner Klub

Deutschland ist offiziell Herkunftsland des Weimaraners – auch wenn, wie wir nun wissen, niemand genau weiß, wann und wo diese Herkunft genau begründet liegt. 1895 wurde der Weimaraner bei einer Sitzung der DC in Dresden als eigene Rasse anerkannt, die sich in Aussehen, Farbe und weiteren Eigenschaften deutlich von den übrigen deutschen kurzhaarigen Hunderassen unterschied. 1897 wurde der „Verein zur Reinzucht des silbergrauen Weimaraner Vorstehhundes“ gegründet, 1898 gab es bereits die erste Namensänderung in „Verein zur Züchtung des Weimaraner Vorstehhundes“, dann einen Zusammenschluss mit der Gründung des „Weimaraner Klubs, Verein zur Züchtung des Weimaraner Vorstehhundes“ und schließlich 1951 eine Neugründung des „Weimaraner Klubs“. Namentlich auch heute noch bekannt ist der dort verehrte Major Robert Herber (1867-1946), welcher 1921 die Führung des Weimaraner Klubs übernahm, und sich aktiv dafür eingesetzt hat, dass der Weimaraner kein Jedermannshund wird, er sollte der Aristokrat unter den Jagdhunden und damit nur Jägern vorbehalten bleiben.

Obwohl diese Gesinnung bzw. dieses Zuchtziel mittlerweile ein Jahrhundert alt und heutzutage völlig unangebracht ist, hält der Weimaraner Klub offensichtlich an ihr fest und ist damit mehr oder weniger auch verantwortlich für den aktuell schrumpfenden offiziell anerkannten Zuchtbestand von Weimaranern. Die nach wie vor strenge Abgabepraxis an ausschließlich professionelle Jäger, die Nichtanerkennung aller nicht-jagdlicher Züchtungen, das Nichtzulassen der Einkreuzung von frischem Blut (und die somit erhöhte Inzestgefahr), die Nichtanerkennung anderer Zuchten (deren Elterntiere nicht mindestens zwei zurückliegende Generationen die vom Klub vorgeschriebenen Jagdprüfungen nachweisen können), und zu guter Letzt die Nichtanerkennung der blauen Weimaraner (als ebenso natürliche Variation wie auch Grau) hat zu einer Zunahme von Parallelzuchten und damit leider auch zu vielen schwarzen Schafen auf dem Welpenmarkt geführt. Es stellt sich die Frage, sollte man, aus welchem Grund auch immer, an einer engstirnigen (Vorkriegs-)Umgangsform festhalten, auch wenn diese am Ende zu Lasten der Tiere selbst geht?

5. Weimaraner im Wandel

Die menschliche Gesellschaft unterliegt einer permanenten Veränderung, die Jagd heute ist bei Weitem nicht mehr dieselbe wie sie damals einmal war. Jagdhunde sind nicht mehr nur adligen Gutsherren zum Zeitvertreib vorbehalten. Weitläufige Wälder mussten vergleichsweise übersichtlichen Pachtflächen und in ihrer Anzahl immer weniger Jagdrevieren weichen. Statt fürstlicher Großwildjagd zu Ross begnügt man sich heute oft mit der Jagd vom Ansitz. Einige Jäger heutzutage verfügen nichtmal mehr über einen Jagdhund. Statt Vollzeit-Förstern und Revier-Jäger ist die Jagd heute vor allem ein Freizeit- und Wochenendhobby geworden (was dies für das Wild bedeuten kann, darauf möchte ich hier nicht eingehen). Welcher Jäger heute kann heutzutage einen intelligenten und enorm sportlich-ausdauernden Jagdhund wie einen Weimaraner neben seinem eigentlichen Beruf überhaupt noch artgerecht auslasten? Nicht selten wartet das sensible Tier tagelang in Wohnung oder Zwinger um dann mal gelegentlich im Auto mitzufahren, während der Waidmann die Speicherkarten der Wildkameras wechselt. Welcher Jäger benötigt heute in Zeiten von Listenhunden und gesellschaftlicher Sensibilität überhaupt noch einen mannscharfen Jagdhund, der seinen Führer bei Bedrohung selbstlos und mutig verteidigt (wie es damals teilweise notwendig und sivnnvoll war)? Wäre es nicht dringend an der Zeit, dem Weimaraner auch offiziell Aktivitäten zu “erlauben”, für die er ebenfalls wie geschaffen ist, welche ihn zusätzlich auslasten? Wäre es nicht zur Arterhaltung sinnvoll ihn auch an Nicht-Jäger abzugeben, denen man eine artgerechte Haltung zutrauen kann? Wurde der Weimaraner nicht bereits vor einhundert Jahren als „erstaunlich vielseitig“ beschrieben? Er wäre nicht die einzige Hunderasse, die heute eine andere Tätigkeit ausübt, als zu ihren Hochzeiten…was nicht bedeutet, dass die grundsätzlichen Merkmale Fähigkeiten bei Bedarf weiter vererbt werden können.