Das Expeditionsfahrzeug


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Autor: Dominik

DAS ideale Fernreisefahrzeug gibt es nicht, alle Varianten können immer nur ein Kompromiss, abhängig vom eigentlichen Einsatzzweck, sein. Aus einem anfänglichen Eigenschaftskatalog ergeben sich Fahrzeuggröße, technische Notwendigkeiten und Ausstattung. Sofern der Komfort nicht an erster Stelle steht, sollte das Fahrzeug generell möglichst kompakt, aber dennoch mit allem notwendigen ausgerüstet sein. Je größer das Fahrzeug, desto auffälliger (Stellplatz), unflexibler (eingeschränkte Wegefahrbarkeit) und natürlich auch teurer (Kaufpreis, Umbaukosten, Unterhalt, Transport).

1. Fahrzeugarten

Fahrzeugart Vorteile Nachteile
Geländewagen
  • robust aufgebaut
  • bestens geländegängig
  • containertauglich
  • eingeschränkte Platzverhältnisse
  • geringere Zuladungskapazitäten
  • für steuerliche Vergünstigung Änderung der Zulassung (Lkw/Womo) und damit verbundene Umbaumaßnahmen notwendig
4×4 Transporter
  • ideale Platzverhältnisse
  • hohe Zuladung
  • oft nur bedingt geländegängig
  • schwer zugängiger Motor meist ohne Umbaumöglichkeiten
  • passt wegen Überhöhe oft nicht in Standart-Seecontainer
4×4 Pickup
  • höhere Zuladung
  • universelle Nutzung möglich
  • aufwendiger und kostenintensiver Kabinenaufbau notwendig
  • meist nur 2 Sitzplätze (Einzelkabine) oder weniger Platz auf der Ladefläche (Doppelkabine)
  • Doppelkabiner mit mehr als 2 Sitzplätzen haben meist „Container-Überlänge“
4×4, 6×6, 8×8 – LKW
  • extrem robust
  • gut geländegängig
  • höchste Zuladung
  • größtes Raumangebot → sehr komfortables Wohnen möglich
  • viele größen- und gewichtsbedingte Einschränkungen (dichte Waldwege, niedrige Tunnel, leichten Brücken, Stadtverkehr,… → meist nur für offene Landschaften geeignet)
  • nicht containertauglich →Verschiffung sehr teuer
  • sehr auffällig (Stellplatz!)
  • in gleicher Fahrzeit weniger Gesamtstrecke
  • Kabinenbau und Ausbau sehr teuer
  • sehr hohe Unterhaltskosten (Kraftstoff, Wartung, Ersatzteile)

2. Foto-Übersicht

Geländewagen mit Dachumbau

Pickup mit Kabinenumbau

Transporter

Lkw mit Pritschenaufbau

3. Eigenschaftskatalog / Lastenheft

  • Wetterfeste Unterkunft mit Schlafplatz für mindestens 2 Personen, sowie ausreichend Stauraum für deren Kleidung, Ausrüstung und Verpflegung → Wird Platz für eine mehr als 3-köpfige Familie benötigt, wird ein normaler Geländewagen schon als unkomfortabel eng empfunden und es können meist nur noch kürzere Reisen unternommen werden.
  • Komfortable Platzverhältnisse im Führerhaus für ein entspanntes Reisen auf langen Etappen → Hier müssen bei den meisten Geländewagen schon serienmäßige Einschränkungen hingenommen werden.
  • Langlebige und zuverlässige Technik, d.h. möglichst unkomplizierte Mechanik und Elektrik statt problematische Elektronik → Mehr oder weniger kleine Macken haben alle Modelle, größtenteils ausscheiden tun jedoch so gut wie fast alle “neueren“ Fahrzeuge bzw. Entwicklungen ab den späten 90er Jahren.
  • Drehmomentstarker Dieselmotor mit einem dem Gesamtgewicht entsprechenden Hubraumverhältnis. Als Faustformel für die Geländewagen-Klasse setzen wir hier mindestens 1L Hubraum je angefangene Tonne Gesamtgewicht an. → Hier bleiben leider nicht viele Kandidaten übrig, denen vom Hersteller eine ausreichend-gesunde Literleistung mit auf den Weg gegeben wurde.
  • Robustes und belastbares Fahrwerk mit guter bis sehr guter Geländegängigkeit und vollwertigem Allradantrieb, d.h. mechanisch zuschaltbares Reduktionsgetriebe und 100%-Differentialsperren. → Sollte bei einem vollwertigen Offroader selbstverständlich sein.
  • Soll das Fahrzeug weltweit möglichst einfach und kostengünstig transportierbar sein, muss es zwangsläufig in einen 20ft-Standart-Container passen → Länge x Breite x Einfahrtshöhe: 5,89 x 2,32 x 2,28m

4. Technik

Antrieb

Für einen technikbegeisterten Kfz-Fachmann hat natürlich das Fahrgestell/Chassis mit all seinen Baugruppen (Rahmen, Aufhängung, Antrieb, Kraftübertragung) oberste Priorität wenn es um Performance und Haltbarkeit geht.

Im Sektor Expeditionsfahrzeuge nicht selten vernachlässigt, für uns aber umso wichtiger, ist die mit dem Fahrzeuggesamtgewicht harmonisierende Motorisierung. Wenn sich das Fahrzeug im unbeladenen Serienzustand bereits nicht überdurchschnittlich agil bewegen lässt, wird der Antrieb im voll ausgerüsteten Zustand auf Kosten der Haltbarkeit seine Grenzen erreichen. Und in einem Einsatzbereich wo ein Ausfall des Herzstücks oft dramatische Konsequenzen haben kann, sollte man genau darauf besonderes Augenmerk legen. Eine „Übermotorisierung“ im Leerzustand macht also durchaus Sinn, vor allem wenn man weiß, dass ein Mehr an Hubraum vergleichsweise nicht immer Mehrverbrauch bedeutet, eine nachträgliche Leistungssteigerung am Originalmotor dahingegen aber die Lebensdauer verkürzt und die Störanfälligkeit erhöht. Lässt sich ein beladenes Fahrzeug im Teillastbereich noch mit ausreichend Drehmomentreserven bewegen, hat man beste Voraussetzungen für einen langen störungsfreien Betrieb des Aggregates. Daran sollten natürlich auch alle anderen Baugruppen des Chassis angepasst, d.h. übermäßig robust ausgelegt sein. Nur so ist ein Höchstmaß an langlebiger Zuverlässigkeit gegeben.

Das aus dem stark ökonomisch orientierten Pkw-Sektor bekannte Down-Sizing hat unserer Meinung nach nichts in einem Expeditionsfahrzeug zu suchen. Bei einem Fernreisemobil handelt es sich nicht um ein konzerngesteuertes Massenprodukt mit kalkuliert-geplanter Lebensdauer all seiner verbauten, kostengünstig-produzierten Komponenten (sprich mit unsichtbar aufgedrucktem Verfallsdatum), sondern um ein Nutzfahrzeug höchster Zuverlässigkeit, welchem man, oft völlig unbewusst, sein Leben anvertraut. Nur wer sich dieser Tatsache bewusst ist, wird mit einem treuen Gefährt auf Reisen lange Freude haben, ohne regelmäßig durch technische Defekte ausgebremst zu werden oder sich etwa nach wenigen Jahren bereits ein neues zulegen zu müssen.

Fahrwerk

Der Fahrwerks-Kompromiss eines Expeditionsfahrzeuges besteht meist aus der Entscheidung für eine Schraubenfederung mit maximaler Verschränkung (aber meist weniger Zuladung) oder einer Blattfederung mit maximaler Traglast (aber teilweise geringeren Federwegen).

Eine Schraubenfeder muss dabei nicht immer Komfort bedeuten (schon gar nicht bei kürzeren Radständen) – jeder der schon einmal mit einem Unimog längere Pisten gefahren ist, wird dies bestätigen können. Und eine Blattfeder muss nicht immer ein schweres mehrlagiges Federpaket mit hoher ungefederter Masse und schlechtem Komfort bedeuten (siehe Weiterentwicklung zur Parabelfeder).

Grundsätzlich lässt sich auch bei der Federung einiges verändern, dabei beschränken vor allem die Gesetze den Rahmen des Möglichen. Was bringt einem ein ausgeklügeltes Ralley-Fahrwerk, wenn es dafür weder Gutachten noch Eintragungen, aber sündhaft teure Ersatzteile gibt.

Blattfeder Schraubenfeder
● wird auf Biegung beansprucht ● wird auf Verdrehung beansprucht
● übernimmt Achs-und Radführung, überträgt Antriebs-, Brems- und Seitenführungskräfte ● kann keine Radkräfte übertragen
● besitzt eine Eigendämpfung, d.h. unterstützt das Dämpfersystem (dämpft Schwingung durch Reibung zwischen den Federblättern → diese Beanspruchung erfordert Wartungsmaßnahmen ● besitzt keine Eigendämpfung
● pflegebedürftig (ausgenommen Federn mit Kunststoffzwischenlagen = Weitspaltfedern) ● wartungs- und verschleißfrei
● niedrige Bauhöhe ● große Bauhöhe
● kleine Federwege ● größere Federwege
● hohes Eigengewicht (speziell Trapezfeder) ● geringes Eigengewicht, einfache Bauweise

Auf die Drehstabfeder (z.B. Nissan Terrano), sie vereint teils Merkmale der Blatt- und Schraubenfeder, gehen wir hier nicht genauer ein, da sie aufgrund einiger Nachteile für den anspruchsfähigen Offroad-Einsatz eher ungeeignet ist. Genauso Luftfedern (z.B. Range Rover, VW Touareg, Lkws) und hydropneumatische Federn (z.B. Citroen) die mit ihrer Komplexität und hohen Bauteilezahl bei weitem nicht so zuverlässig sind wie Stahlfedern.

Fazit Federung: Da eine Schraubenfeder vergleichsweise schnell überladen ist und wir uns bei den Expeditionsmobilen eher im Nutzfahrzeugbereich bewegen, kam für unsere Konzepte nur ein blattgefedertes Fahrwerk in Frage. Vorteile sind neben der höheren Zuladung und des geringeren Bauraumes vor allem ein weniger ausgeprägtes Wanken und Nicken des Fahrzeuges, was vor allem bei hohen Aufbauten und der damit verbundenen Eigendynamik besonders sicherheitsrelevant ist. Denn sind wir mal ehrlich: überwiegend fährt man kurvige Pisten, als dass man beispielsweise mit maximaler Achsverschränkung anspruchsvolle Gräben durchqueren muss.

Achsen

Ob Starrachse oder Einzelradaufhängung ist eher weniger die Frage, denn will schon mit ausgeschlagenen Gelenken oder verbogenen Lenkern liegen bleiben. Einzelradaufhängungen gehören auf die Straße und haben abseits dieser bei überlegtem Einsatz nichts verloren, Ausnahmen sind u. A. speziell konstruierte Rallye-Fahrwerke mit ganz individuellen Achskonstruktionen.

Elektrik

Will man sich unterwegs Ausfälle und damit verbundene komplizierte Fehlersuchen (z.B. Masseprobleme durch korrodierte oder lose Karosserieverschraubungen ) ersparen, kann man z.B. sämtliche Masseleitungen statt mit der Fahrzeugkarosserie (die einfache Hersteller-Variante) direkt mit dem Minuspol der Batterie verbinden (die aufwändigere und teurere Variante). Das durch den höheren Anteil an Kupferleitungen eingebrachte Mehrgewicht kann man sich aufgrund der hohen Nutzlast durchaus erlauben.  Direkt spürbare Vorteile sind vor allem ausbleibende Spannungsverluste durch querschnittsarmes Karosserieblech, und somit ein Plus an Leistung (z.B. hellere Scheinwerfer). Im Zuge dessen sollte man selbstverständlich ausschließlich hochwertige Kupferkabel mit großzügigem Querschnitt, massive Crimpverbinder und wasserfeste Isolierungen verwenden. Auch die Komponenten der Stromerzeugung selbst (Drehstromgenerator), der Umwandlung (Sinus-Wechselrichter) und Speicherung (Batterien) sollten grundsätzlich wohlproportioniert gewählt werden und das gesamte Stromnetz für optional weitere Verbraucher ausgelegt sein.

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